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Marcelo Rebelo de Sousa, neuer portugiesischer Präsident Foto: dpa

Der Linke unter den Rechten

Portugal hat einen neuen Präsidenten. Der 67-jährige Marcelo Rebelo de Sousa gewann die Wahlen am Sonntag mit 52 Prozent im ersten Wahlgang. Er wird Nachfolger von Ánibal Cavaco Silva. Beide gehören der konservativen Sozialdemokratischen Partei Portugals (PSD) an. Und doch deutet alles auf einen Politikwandel hin: De Sousa spricht von „Aussöhnung“, will sich mit der neuen Linksregierung unter António Costa verstehen, die Cavaco Silva zu verhindern suchte. „Es gibt keine nationale Einheit ohne soziale Kohäsion“, zitierte er im Wahlkampf gern Papst Franziskus.

Es sieht sich selbst als den „am weitesten links Stehenden auf der Rechten“. Als bekennender Christ fühlt sich der Jura-Professor an der Uni Lissabon der Sozialpolitik verpflichtet. Zwar wurde er von den beiden rechten Parteien, seiner PSD und der CDS-PP unterstützt, trat aber als Unabhängiger an. Er lehnte Spenden aus Partei und von Unternehmen ab, finanzierte seine Kampagne selbst, vermied Angriffe auf seine Mitbewerber. Statt großer Wahlkampfveranstaltungen setzte de Sousa auf Bürgernähe, besuchte Stadtteile, Märkte und öffentliche Einrichtungen. Er hatte damit Erfolg, weit über sein eigenes politisches Lager hinaus.

De Sousa – geschieden, zwei Kinder, fünf Enkel – gehört zu den Gründern der PSD, war Stadtrat in Lissabon, scheiterte dort an den Bürgermeisterwahlen, war Parteichef, Staatssekretär, Minister für Parlamentsangelegenheiten und stellvertretender Vorsitzender der Europäischen Volkspartei, dem Zusammenschluss der europäischen Konservativen.

Doch wirklich bekannt wurde der neue Präsident als TV-Moderator. Der Mitbegründer des Nachrichtenmagazins „Expresso“ erzielte mit seinem sonntäglichen Programm, in dem er ausgewogen und klug Politik und Sport analysierte, Rekordeinschaltquoten.

Mit der Linksregierung aus Sozialisten, unterstützt durch Kommunisten und den Linksblock, will er Brücken bauen. „Ich will den sozialen, wirtschaftlichen und politischen Frieden in Portugal wiederherstellen. Es ist Zeit, das Blatt zu wenden“, kündigt de Sousa an.

Reiner Wandler

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