Lehrwerke auf dem Scheiterhaufen

Russland Bibliotheken in der Republik Komi verbrennen Bücher, die die Soros-Stiftung gesponsert hat

MOSKAU taz | „Wir hatten damals nicht mal mehr Schulbücher“, empört sich eine Hörerin des Radiosenders Echo Moskau. Anfang der 90er Jahre hätte es ohne Unterstützung der Soros-Stiftung in russischen Lehranstalten ziemlich traurig ausgesehen, meint die Moskauerin.

George Soros, US-Investor und Währungsspekulant, sprang damals in die Bresche. Sein Hilfsprogramm förderte vor allem die Herausgabe von Lehrbüchern und westlichen Standardwerken. Diese sollen nun aus den Bibliotheken der russischen Republik Komi verschwinden. Noch im Dezember forderte die Vertretung des russischen Präsidenten im russischen föderalen Nordwestkreis die regionale Regierung von Komi auf, Bücher der Soros-Stiftung aus den Beständen zu entfernen. Diese Literatur „preist Einstellungen, die der russischen Weltanschauung fremd sind“, heißt es in der schriftlichen Begründung.

Der Vollzug fand bereits statt. Im Bergbauinstitut in der von Stalin-Häftlingen errichteten Lagerstadt Workuta am Polarkreis wurden die Bücher „auf dem Wege der Verbrennung“ auf dem Pausenhof beseitigt.

In der Technischen Universität von Uchta wurde das Säuberungskommando gleich 413-mal fündig und empfahl laut dem regionalen Internetportal 7x7, auch alle Bücher zu vernichten.

Am vergangenen Mittwoch verurteilte Russlands Kultusminister Wladimir Medinski die Bücherverbrennungen. Aus seinem Ministerium stamme die Anweisung nicht, sagte er. Da­raufhin ruderten die Behörden in der Teilrepublik Komi zurück und bestritten die Bücherverbrennungen. Am Freitag bestätigte die Direktorin der Technischen Universität von Uchta gegenüber der Nowaja Gaseta, dass sie die Anweisung aus dem Ministerium erhalten habe.

„Wenn schon Bücher verbrannt werden, muss es um den Staat schlechter stehen als wir angenommen haben“, räsonierte ein anderer Echo-Hörer. Klaus-Helge Donath