Bier

Heute startet die Grüne Woche in Berlin. Grund genug, sich im Jahr 500 des deutschen Reinheitsgebotes mal unser Bier anzuschauen

Flüssiges Biobrot

Rein Anders als konventionelle Brauer haben Biohersteller strenge Vorgaben

BERLIN taz | Es sind durchwachsene Zeiten für die gesamte Branche, doch für das Biobier genauso wie für das Craftbier stehen die Zeichen auf Wachstum. Endlich, denn lange färbte der allgemeine Trend zu bio nicht ab, auch weil vielen Verbrauchern das Reinheitsgebot als Gütesiegel reichte.

Doch dieses „sagt zwar aus, welche Zutaten hinein dürfen, aber nichts über die Qualität“, sagt Max Krieger, Junior-Chef der Brauerei Riedenburger, nach Lammsbräu die Nummer zwei auf dem deutschen Biomarkt. Sie führen allerdings ein Nischendasein: Rund drei Prozent macht der Anteil der Biobiere in der Branche aus.

Hier im niederbayrischen Altmühltal brauen die Krieger inzwischen schon in der vierten Generation, seit den 90er Jahren wird konsequent auf bio gesetzt, anfangs mit Bieren aus alten Getreiden wie Emmer, Dinkel oder Einkorn, inzwischen aber hat sich die Brauerei auch im neuen kreativen Segment einen Namen gemacht, mit einem India Pale Ale und einem Porter, beides englische Bierstile

Bei Riedenburger ist vieles anders als im konventionellen Bereich. Denn trotz Reinheitsgebot verfahren Großbrauereien hochindustriell. Sie zerlegen das Wasser in chemisch reines H2O und salzen es dann wieder auf. Statt Hopfen wird verbreitet Extrakt verwendet, dafür werden die Aroma- und Bitterstoffe mit Lösungsmitteln wie Hexan oder Methylenchlorid aus den Dolden abgetrennt. Auch bei der Klärung und Filtration ist Technik im Einsatz. Eiweiße und Gerbstoffe trüben das Bier. Mit Kieselgur – einem Mehl aus versteinerten Kieselalgen – wird es geklärt. Oder mit dem Kunststoff-Polymer PVPP. Weil diese Stoffe während der Fertigung wieder entfernt werden und im Bier nicht mehr nachweisbar sind, müssen sie nicht deklariert werden.

Im Biobereich sind solche Verfahren nicht zugelassen oder die Brauer verzichten freiwillig darauf. Sie haben ihr eigenes, strengeres Reinheitsgebot und das betrifft auch die Qualität der Zutaten.

Zur Philosophie der Brauer gehört, Bier nicht nur als Genussmittel, sondern als vollwertiges Lebensmittel herzustellen. Den Begriff vom „Flüssigen Brot“ nehmen sie ernst. „Dafür sind Eiweiße genauso wichtig wie Gerbstoffe“, erklärt Max Krieger. Im konventionellen Bereich dagegen ist Eiweiß eher ein Übel. Nicht nur, dass es das Bier trübt: Je mehr Eiweiß im Korn ist, um so weniger Stärke. „Das konventionelle Biergetreide besteht inzwischen aus sehr eiweißarmen Züchtungen.“

Riedenburger arbeitet eng mit Biobetrieben aus der Region zusammen und lässt das Getreide in der örtlichen Mälzerei nach seinen Vorstellungen verarbeiten. Die Brauer haben ein Auge auf die Rohstoffe, vom Feld bis in der Flasche. Auch ihr Bier zu filtern, kommt nicht in Frage. Jörn Kabisch