Portrait
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Bietet als Innensenator kein klares Feindbild: Andy Grote  Foto: dpa

Der mit der Tolle

Hamburgs neuer Mann fürs Grobe heißt Andy Grote. Und der 47-jährige Anwalt hat mehr vorzuweisen als seine Haartolle und die gern zitierte Kiez-Kompetenz. Was Grote zum Innensenator qualifiziert, ist in erster Linie seine Verwaltungserfahrung. Dass er die beherrscht, hat er seit 2012 als Leiter des Bezirksamtes Hamburg-Mitte gezeigt. Grote ist aber auch kluger, wohlkalkulierender Politiker, der verbindlich auftritt und sich nicht nachsagen lassen will, sein Wort zu brechen.

Um das sicherzustellen, soll er auch schon in seiner Partei angeeckt sein – beispielsweise mit Schwergewicht Johannes Kahrs, dem Sprecher des rechten „Seeheimer Kreises“ der SPD, an dem im Bezirk Hamburg-Mitte kaum einer in der SPD vorbei kommt. Andy Grote hat es dennoch geschafft, innerhalb der SPD seine Unabhängigkeit zu bewahren – und sich gleichzeitig ein Standing zu verschaffen. Punkten könnte er auch als ehemaliger stadtentwicklungspolitischer Sprecher der Hamburger SPD-Fraktion. Eine Kompetenz, die für die Flüchtlingsunterbringung zentral werden dürfte.

Man kann Grotes Vorgänger Neumann vieles nachsagen: Etwa ein desolates Management in der Flüchtlingsunterbringung, das Schwingen der Gefahrengebietskeule und die verkorkste Olympiabewerbung. Seinen Widersachern bot der SPD-Hardliner aber immerhin ein klares Feindbild. Das kann man von Grote nicht behaupten.

Als Bezirksamtsleiter hat er in den letzten Jahren Basisarbeit geleistet. Im Bezirk Mitte stand er im Kontakt zu vielen Initiativen und Stadtteilaktivisten. Als besonderes Vorzeigeprojekt hat er den Entwicklungs- und Beteiligungsprozess um die Esso-Häuser auf St. Pauli von vornherein eng begleitet und dabei den verfahrenen Konflikt zwischen dem bayerischen Investor und den Gentrifizierungsgegnern befriedet. Spätestens seitdem gilt Grote als Sympathieträger. Wenn Grote als Innenpolitiker ähnlich hart agiert wie sein Vorgänger, dürfte sich das ändern.

Am überschwänglichsten zeigte sich sein Parteifreund Klaus Lübke: „Andy Grote wird Nachfolger von Helmut Schmidt“, schrieb er auf Facebook. Heute will die Hamburgische Bürgerschaft den von Bürgermeister Olaf Scholz ernannten Innensenator Grote offiziell im Amt bestätigen. LKA