Flüchtlinge und Paradigmen

Kommentar

von Alke Wierth

Berlins Flüchtlingspolitik

Ein Paradigma ist ein allgemeine Anerkennung findendes Denkschema, ein Grundsatz, über den breiter Konsens besteht. Negativ kann man das auch als Denkverbot sehen: Ein Paradigma setzt dem Neudenken Grenzen.

Ein Paradigmenwechsel wäre demnach, solche Grenzen zu überwinden – etwa, doch mal darüber nachzudenken, was wäre, wenn die Erde keine Scheibe wäre. In der Berliner Flüchtlingspolitik sind Paradigmenwechsel oft angekündigt worden. Vollzogen wurde bislang leider keiner.

Beispiel Unterbringung: Da hatte der zuständige Sozialsenator Mario Czaja (CDU) schon 2014 einen Paradigmenwechsel angekündigt. Weniger private, mehr gemeinnützige Betreiber sollten Flüchtlingsheime führen, und zwar in landeseigenen statt gemieteten Immobilien. Er wolle so „sehr gute Qualität der Flüchtlingsunterbringung gewährleisten“, sagte Czaja damals dazu.

Wie im Flughafen Tempelhof: In der landeseigenen Immobilie sind derzeit über 2.000 Flüchtlinge untergebracht – unter furchtbaren Bedingungen. Von einem Paradigmenwechsel kann angesichts dessen keine Rede sein. Der Grundsatz der solches Entscheidenden lautet nach wie vor offenbar: Machen wir es den Schutzsuchenden so abschreckend wie möglich.

Da endlich mal zu einem anderen Konsens zu kommen,wäre ein Paradigmenwechsel. Viele BerlinerInnen sind dazu längst bereit. Auf der politischen Entscheiderebene ist das aber anders. Da sieht es so aus: Senator Czaja versinkt in einem Berg von Problemen, die er nicht in den Griff kriegt. Die Opposition arbeitet sich an ihm und denselben ebenfalls ab, ohne dass es ihr gelingt, den Senator endgültig zu demontieren. Was dann wäre, weiß auch keiner.

Es sind FlüchtlingshelferInnen, Bürgerinitiativen, die derzeit neue Vorschläge einbringen. Sogar der oft selbst sture Flüchtlingsrat ist bereit, manches neu zu denken. Da politisch anzusetzen, gemeinsam Lösungen zu finden, das wäre ein Paradigmenwechsel.

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