Die Hoffnung lebt

BEWEGUNG Klimaaktivisten bringen ein wenig Leben zurück in das vom Ausnahmezustand gelähmte Paris. Es darf getanzt werden

PARIS taz | Sie standen am Samstag noch unter Hausarrest durch das französische Innenministerium: Joel Domenjoud und mindestens 23 andere Umweltaktivisten. Tausende Menschen konnten jedoch am Samstag trotz behördlich verhängten Ausnahmezustands das erste Mal nach den Anschlägen wieder protestieren – am Eiffelturm und anderswo in der Stadt.

Begonnen hat das Happening Schlag 12 Uhr in der Nähe des Arc Triomphe, organisiert von einem Netzwerk von internationalen Aktivistenorganisationen wie Attac und 350.org. Die Proteste werden an diesem Tag „toleriert“, so lautet das Wording der Behörden. Ein Zuckerl an die Bewegung. Und: Krawallbilder, die noch mehr Stimmen für den Front National bei den Regionalwahlen bedeuten könnten, sind nicht erwünscht.

Oui, sie sind wieder da, die Menschen. Sie kommen auf Fahrrädern und mit Kinderwagen, in Eisbärkostümen und laut trommelnd, es sind Transvestiten dabei und ein Finne im Rentierkostüm. Sie skandieren „Klimagerechtigkeit, jetzt!“ und „1,5 Grad, jetzt!“. Es ist wieder da: das Leben in Paris. Die Hoffnung.

„Unter den drakonischen Sicherheitsvorkehrungen ist das hier das Beste, was wir als Klimagerechtigkeitsbewegung raus­holen können“, sagt Tadzio Müller von der Rosa-Luxemburg-Stiftung. Seine Füße wippen im Takt zu einer tschechischen Protest-Brassband. „Die Stimmung ist total gut hier“, sagt er. „Aber der Klimadeal, der ist Grütze.“ Die „gipfelnahe Zivilgesellschaft“ draußen in Le Bourget sei im Laufe der Verhandlungen „prozessblind“ geworden: „Der Vertrag enthält weder verbindliche Emissionsbeschränkungen noch verbindliche Finanzierungszusagen.“

Als am Samstag um 19.27 Uhr draußen auf dem Gipfel der soeben beschlossene Klimavertrag als „historisch“ bezeichnet wird, tanzt die Basis unterm Eiffelturm. Organische Linsensuppe gibt es auch. Harriet Wolff