Rasantes Hollywood

FILMREIHE Glamour, Tempo, Slapstick: Das Arsenal zeigt unter dem Titel „Pursuits of Happiness“ legendäre Screwball Comedies

In „Bachelor Mother“ (1939) wird Polly Parish (Ginger Rogers. l.) und David Merlin (David Niven, r.) überraschend ein Baby zugetragen Foto: Promo

von Carolin Weidner

Das englische Wort „pursuit“ kann mit „Streben“ übersetzt werden. Besonders, wenn ihm ein „of“ folgt – dann nämlich wird daraus ein „Streben nach“. Das Arsenal hat seine derzeit laufende Reihe der Screwball-Komödie gewidmet und sie „Pursuits of Happiness“ genannt – also Streben nach Glück oder Glücksbestrebungen.

Das hübsche Wort „pursuit“ kann aber auch anderweitig ins Deutsche übertragen werden. Dann wird aus ihm eine „Jagd“, eine „Verfolgung“. Eine „Verfolgungsjagd“! Und auch das hat viel mit diesen Screwball Comedies zu tun. Jene Filme, entstanden in einer recht kurzen, doch dafür überaus reichhaltigen Phase zwischen den dreißiger und vierziger Jahren, sind rasantestes Hollywood. Die Dia­loge sind mitunter so schnell gehalten, dass sie sich zu überschlagen drohen. Einem ungeschulten, nicht muttersprachlichen Ohr gehen da schon mal ein paar Pointen und schlagfertiger Sprachwitz verloren. Worüber geplappert wird? Kleines, Großes. Und nicht selten versteckt sich eine große Sache hinter einer Randbemerkung.

Anfang Dezember hatte das Kino Arsenal mit seinen Vorführungen begonnen – und setzt sie bis Ende Januar fort. Zwanzig Filme aus den Jahren 1934 bis 1949 bilden dabei einen Querschnitt des romantischen Genres ab, das mit einigen Namen fest verwachsen ist: Cary Grant, Katherine Hepburn oder auch James Stewart. Das sind Schwergewichte. Und in einem Film wie „The Philadelphia Story“ (1940, George Cukor) kommen alle drei sogar zusammen ins Bild. Es ist, eigentlich, die Geschichte von Tracy Lord (Katherine Hepburn), einer reichen und schönen jungen Frau, die abwechselnd eine „Göttin“, „Prinzessin“ oder „Königin“ genannt wird, die klug ist und witzig, der man aber auch eine gewisse Kaltherzigkeit unterstellt. Verheiratet war diese Tracy mit C. K. Dexter Haven (Cary Grant), doch ist das schon eine Weile her. Beide sind geschieden und Tracy bereitet sich auf eine neue Hochzeit vor. Dennoch hüpft ­Haven noch immer recht freimütig über das Anwesen, genauso wie das Reporter-Duo Connor und Imbrie (James ­Stewart und Ruth Hussey), welches auf der Suche nach Klatschmaterial ist.

Lustigerweise waren Grant und Hepburn bereits einmal verheiratet: in „Holiday“ (1938, George Cukor), der ebenfalls auf einem Broadway-Stück Philip Barrys basiert. Hier trat Katherine Hepburn in der Rolle der Linda Seton eher dezent in Erscheinung, war Johnny Case (Cary Grant) doch mit ihrer Schwester Julie verlobt. Beide hatten sich jüngst im Urlaub kennengelernt, in welchem ­Julie Johnny ihren sozialen Stand offenbar verheimlichen konnte. Im Verlauf von „Holiday“ kommt es, wie übrigens nicht selten in Screwball Comedies, zu einem Clash zwischen den Klassen, in dem letztlich eine soziale Beweglichkeit demonstriert wird – im Zeichen der Liebe, natürlich –, wie sie im damaligen Alltag wohl wenig üblich gewesen sein dürfte.

Nicht selten kommt es in Screwball Comedies zu einem Clash zwischen den Klassen

Wie in „Holiday“, steht Hepburn auch in „The Philadelphia Story“ in einem nicht uninteressanten Spannungsverhältnis zum Geldadel, dessen Teil sie ist. An ­Macauly „Mike“ Connor (James Stewart), einem talentierten aber herumkrepelnden Autoren, kann sie nach einigen Schalen Champagner einiges finden – er vermag es zudem, bisher unter Verschluss gehaltene Seiten an ihr zum Vorschein zu bringen.

Auch in „Bachelor Mother“ (1939, Garson Kanin) vollzieht sich eine derartige Auffächerung. Obschon die Begegnung zwischen Department-Store-Manager David Merlin (David Niven) und Polly Parish (Ginger Rogers), einer Aushilfsverkäuferin für die Weihnachtssaison, einer weiteren Komponente bedarf: eines Babys. Dieses wird Parish über doch ziemlich verworrene Pfade zugetragen – und macht sie, völlig unerwartet, zur Mutter und Merlin, nicht minder unerwartet, zum Vater. Alle Screwball Comedies steuern auf einen Punkt hin, den man letztlich Happy End nennen könnte, der nicht weiter verwundert und bereits in den ersten Szenen angelegt ist. Entscheidend sind die Wege dahin, reich an Andeutungen, Tempo, Slapstick – und Glamour.

Die Reihe „Pursuits of Happiness“ läuft noch bis zum 24. Januar im Arsenal, u. a. mit „Holiday“, 25. 12., 21 Uhr, „The Philadelphia Story“, 26. 12., 21 Uhr, „The Thin Man“, 26. 12., 19 Uhr, und „Bachelor Mother“, 25. 12., 19 Uhr & 2. 1., 21 Uhr