Nachspiel für Bremen-Wahl: Unendliches Zählen
Am Montag entscheidet Bremens Wahlprüfungsgericht, ob in Bremerhaven die Stimmzettel nochmal gezählt werden.
BREMEN taz | Am Montag um 12 Uhr entscheidet sich die Bremer Bürgerschaftswahl – erneut. Und auf jeden Fall vorläufig. Denn es kann sein, dass Bremens Wahlprüfungsgericht beschließt, dass im gesamten Wahlbereich Bremerhaven noch einmal gezählt werden muss. Dann stünde die Zusammensetzung des Bremer Landtags natürlich erst danach fest. Es könnte auch entscheiden, dass der Bremerhavener AfD-Spitzenkandidat Thomas Jürgewitz und seine Partei einige für andere gewertete Stimmzettel zurecht für sich reklamiert haben; deren Anzahl reicht dann jedoch noch immer nicht für die Fünfprozenthürde.
Dann würde Jürgewitz wohl vor den Staatsgerichtshof ziehen, sofern sich die aus dem Euro ins Gold geflohene und daher finanziell geschwächte AfD das überhaupt noch leisten kann. Spräche das Gericht Jürgewitz indes am Montag ein Mandat zu, gäbe es ja neue Betroffene, die für ihn und die AfD Platz machen müssten – und damit neue Klageberechtigte.
Die mündliche Verhandlung am 16. Dezember hatte sich in langwieriger Kreuzchen-Exegese verläppert: Weil er grobe Ungereimtheiten nicht gefunden hatte, verlegte sich der AfD-Mann aufs Erbsenzählen, eine ermüdende, aber aussichtsreiche Strategie: Rechnerisch fehlen ihm zum Mandat keine 50 Stimmen, eine Differenz, die sich dadurch verringern ließe, dass mehr Stimmen als ungültig gewertet werden.
Dabei aber zeigte sich, dass der kürzlich aus dem Kreis Cuxhaven ins Land Bremen eingewanderte Jürgewitz Probleme mit der Vielfalt hat: Da empörte ihn, dass manche WählerInnen mit Smileys, andere mit Häkchen und wieder andere mit Stempeln ihren Willen bekundet hatten, wo er nur christlich-abendländische Kreuze tolerieren würde, allenfalls mal mit abgewinkelten Armen. War aber fast alles gültig, fand das Gericht.
Ein Jürgewitz-Mandat ginge voraussichtlich zulasten der SPD, die rot-grüne Mehrheit schmölze auf zwei Sitze Vorsprung. Eine Neuauszählung könnte sogar die Regierung ins Wanken bringen – wenn sie mehrere bislang als erfolglos geltende BewerberInnen ins Parlament hieven würde, und das zu Lasten von Rot-Grün.