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Helfen Kaufen Sie mit uns ein Stück des Bremer Weserufers – für einen Ort, der der Machenschaften von Kühne + Nagel im Dritten Reich gedenktDer Erinnerung einen neuen Platz verschaffen

Schöne alte Lkws – die transportierten nur leider auch das Eigentum deportierter Juden ab Foto: Kühne + Nagel

von Henning Bleyl

Eine Million Euro ist für Kühne + Nagel, den weltweit drittgrößten Logistikkonzern, kein großes Geld. Und er braucht noch nicht mal die volle Million, um 1.000 Quadratmeter am Bremer Weserufer zu kaufen: Für rund 900 Euro pro Quadratmeter will der Bremer Senat dem Unternehmen das innerstädtische Areal verkaufen, damit es dort seinen neuen Stammsitz errichten kann. Kühne + Nagel (K+N) bietet allein in Bremen rund 1.000 Arbeitsplätze – ist also ein Investor, der gepflegt sein will.

Für die taz hingegen sind eine Million Euro eine Menge. Deswegen begnügen wir uns auch mit vier Quadratmetern dieses Grundstücks, die wir mit Hilfe unserer LeserInnen kaufen wollen. Aber warum? Weil es dringend ein Denkmal braucht, das auf dieser Fläche steht: eine sichtbare Erinnerung an die NS-Geschäfte der in Bremen gegründeten Spedition: Kühne + Nagel sicherte sich das Monopol für die Verwertung des gesamten Besitzes der aus Westeuropa deportierten Juden.

Das Unternehmen selbst, in dem mit Klaus-Michael Kühne noch immer der Sohn des damaligen Inhabers das Sagen hat, will sich weder erinnern – noch erinnern lassen: Anfragen von Historikern werden abgewiegelt, das Firmenarchiv ist tabu. Sämtliche Unterlagen von damals seien verbrannt, lautet die stereotype Auskunft – die längst widerlegt ist.

2015 feierte K+N seinen 125. Geburtstag, aufwändiges History-Marketing voller nostalgischer Filmchen und Fotos inklusive. Bürgermeister und Senatoren gratulierten artig, auch Hamburg hielt Klaus-Michael Kühne sein goldenes Buch hin. Die taz hat das Jubiläumsjahr von Anfang an kritisch begleitet: Sie hat Historiker und Archive konsultiert und im Holocaust Memorial Centre in Montreal die Verträge gefunden, mit denen K+N 1933 seinen jüdischen Teilhaber ausbootete.

Zahlreiche Medien stiegen auf die Berichterstattung ein. Die Firma machte erstmals minimale Eingeständnisse, dennoch beharrt K+N im Kern darauf, „in dunkler Zeit“ selbst das Opfer „großer wirtschaftlichen Schwierigkeiten“ gewesen zu sein. Das Gehalt des Geschäftsführers Alfred Kühne wuchs dennoch enorm.

4.400 Euro für die Wahrheit

Wir brauchen 4.400 Euro, um den Logistikkonzern überbieten und und ein Grundstück zur Erinnerungen an die Machenschaften von K+N in der NS-Zeit kaufen zu können.

Bis zum 9. Januar 2016 muss das Geld zusammen sein. Helfen Sie mit: Postbank Berlin, IBAN: DE 8510 0100 1002 8299 7104, Stichwort: Kühne und Nagel

Sollte Bremen unser Kaufangebot ablehnen, spenden wir das Geld der Jüdischen Gemeinde zur Unterstützung ihrer älteren bedürftigen Mitglieder.

www.taz.de/kuehne+nagel

Der Vorzugspreis, zu dem Bremen das Gelände an K+N verkaufen will, hat auch sein Gutes: Wir können mitbieten. Mit 4.400 Euro für vier Quadratmeter lägen wir immer noch über dem Preis, den K+N zahlen soll. Muss die taz nach Maßgabe der Bremer Haushaltsnotlage da nicht zum Zuge kommen? Zumindest soll unser Gebot ein politisches Signal sein: Es wird zivilgesellschaftlich nicht hingenommen, wenn Unternehmen, eine große Rolle einnehmen, die Aufarbeitung ihrer Firmengeschichte verweigern.

Bei Kühne + Nagel geht es nicht darum, wie sich irgendein Mittelständler durch die NS-Zeit wurschtelte – sondern um ein Unternehmen, das fast 72.000 jüdische Wohnungen und Häuser ausräumte und damit die „Juden-Auktionen“ beschickte. Frank Bajohr, Leiter des Zentrums für Holocaust-Studien am Münchner Institut für Zeitgeschichte, attestiert K+N eine „relative Nähe zum Massenmord“, die Spedition habe „eine Form von Leichenfledderei“ betrieben. Während des Zweiten Weltkriegs avancierte Kühne + Nagel zudem zum maßgeblichen Logistikpartner der Wehrmacht – was sie für die Bundeswehr noch immer ist.

Die Verkaufsverhandlungen mit Kühne + Nagel laufen. Der bislang öffentliche Platz am Weserufer, der überbaut werden soll, wurde bereits auf Altlasten im Boden untersucht. Damit auch die Altlasten der Geschichte nicht vergessen werden, müssen wir uns beeilen. Bieten Sie mit.

Henning Bleyl, Redakteur der taz.nord in Bremen, berichtet seit langer Zeit über die Unternehmensgeschichte von K+N.

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