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MUSIK

Musik Thomas Mauch

hört aufden Sound der Stadt

Der Blues. Wenn man sich derzeit so umhört, will man ja gar nicht mehr glauben, dass der mal ganz am Anfang von allem stand. Ohne den Blues kein Rock’n’ Roll. Kein Soul. Kein Pop. Tatsächlich aber will einem der Blues mittlerweile so vorkommen wie ein lästiger alter Verwandter, der von den Nachkommen aus dem Familiengeschäft gedrängt wird. Dabei kann man den Blues weiter ganz gut haben, ohne eine muffige Traditionsveranstaltung daraus zu machen, da muss man nur mal Willis Earl Beal hören, den Lo-Fi-Experimentalisten und Songwriter aus Chicago, Jahrgang 1983, der heute am Donnerstag im Bi Nuu gastiert und dafür, zur besseren Einsortierung, als der Passende für Fans von Tom Waits, Sade, Bob Dylan, Cat Power, Enya und Bonnie Prince Billy annonciert wird. Was sich einigermaßen disparat liest und dennoch die Talente von Willis Earl Beal recht gut einfängt: das Artifizielle, das Dringliche, das Manische, das Bodenständige, den Soul. Den Blues! Muss ja auch zwischendurch gerettet werden (U-Bhf. Schlesisches Tor, 21 Uhr, 17 €).

Ein garantiert Blues-freies Zwischenspiel, am Donnerstag und Freitag im Studio 1 des Kunstquartiers Bethanien: dort lädt das Ensemble Mosaik mit „Visual Resonance“ zu einem installativen Konzertprojekt, dem zweiten Teil der Reihe „Kommentierte Musik“ – diesmal darf man die fragilen und manchmal auch spröden Klangerkundungen von sechs aktuellen Neue-Musik-Kompositionen im Zusammenspiel mit Werken der Bildenden Kunst hören (Mariannenplatz, 20 Uhr, 10 €).

Mit My Baby hat man dann aber wieder ziemlich mächtig den Blues, wobei das Trio aus Amsterdam dem Blues mit Beats und Loops und Samples so ein Update gönnt, wie das 22 Pistepirkko schon vorbildlich gemacht haben. Im Vergleich zu den gern etwas verschrobenen Finnen kommen My Baby dabei aber kerniger zur Sache. Und live soll das mit dem Update ohne die Loops und Samples nur mit Slidegitarre, Schlagzeug und der Stimme der Sängerin Cato van Dyke funktionieren, am Sonntag im Musik & Frieden (Falkensteinstr. 48, 20 Uhr, VVK: 12 €).

Wie aber der Blues aus der Musikverfertigung hinausgedrängt wurde, kann man gut bei dem epochalen Stück „E2-E4“ des Ash Ra Tempel-Gitarristen Manuel Göttsching hören. Dass er nämlich nicht mehr zu hören ist, nicht mal in Schwundstufen, weil ihn der Krautrocker bei seiner einstündigen und nur auf zwei Akkorden basierenden Ambient-Abfahrt schlicht nicht mehr brauchte. Weswegen das 1984 erschienene Stück auch als Vorschein von Techno gilt. In einer multimedialen Lesung mit Göttsching und Chris Bohn von The Wire am Montag im Roten Salon steht dieses „E2-E4“ im Zentrum (Rosa-Luxemburg-Platz, 21 Uhr, 15 €).

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