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„Wir bitten um Geduld“

KRISEN-CLUB Den Handballern des HSV Hamburg geht es schlecht. Nicht so sehr sportlich, dafür in Sachen Finanzen. Die Probleme sind alles andere als neu, Lösungen aber trotzdem nicht in Sicht

Wenn es doch überall so gut liefe: Die Spieler des HSV Hamburg freuen sich am 9. Dezember über ihren 36:29-Erfolg gegen Füchse Berlin  Foto: Daniel Reinhardt/dpa

von Christian Görtzen

Nichts ist mehr gewiss beim HSV Hamburg. Eigentlich wollten sich die Mitglieder dieses Handballvereins in der Dauerfinanzkrise am kommenden Montag im Hamburger „Haus des Sports“ zur Jahresversammlung treffen – abgesagt. Verlegt aus organisatorischen Gründen, wie es in einer Mitteilung des Vereins heißt. Der neue Termin werde kommendes Jahr bekanntgegeben. Verschoben also womöglich auf den sprichwörtlichen Sanktnimmerleinstag.

Selbst die Spieler, die trotz zweier ausstehender Monatsgehälter zuletzt in der Bundesliga charakterlich stark aufgetrumpft hatten, wissen nicht, ob sie am kommenden Sonntag noch antreten werden zum Heimspiel gegen den SC Magdeburg. Von den Partien im neuen Jahr dann ganz zu schweigen.

In existenzbedrohenden finanziellen Kalamitäten befindet sich der HSV nicht erst seit gestern, sondern seit mehr als anderthalb Jahren. Nun aber könnte alles ganz schnell gehen: Vermutlich schon am morgigen Dienstag wird sich zeigen, ob es für den Deutschen Meister von 2011 und Champions-League-Sieger von 2013 weitergeht. Derzeit sieht es aber eher nach einem Ende aus. Alles hängt von Andreas Rudolph ab, dem Ex-Präsidenten und ewigen Mäzen, der den Verein ab Februar 2005 mit insgesamt gut 25 Millionen Euro in die nationale und internationale Spitzengruppe hochgepäppelt hatte. Nur wenn der Hamburger Medizintechnik-Unternehmer noch einmal Geld in den Klub steckt, hätte der eine Zukunft.

Allerdings ist die Lage weitaus bedrohlicher, als es bis vor wenigen Wochen noch den Anschein hatte. Zunächst war davon die Rede gewesen, der HSV benötige annähernd zwei Millionen Euro. Inzwischen sieht es aber so aus, als liege der Finanzierungsbedarf für die Gesundung der verschuldeten Spielbetriebs-GmbH, die Aufrechterhaltung des Spielbetriebs in dieser und die Sicherstellung der kommenden Saison 2016/17 bei insgesamt 12,5 Millionen Euro. Der NDR zitierte Rudolph am Donnerstag schon mit den Worten: „Meiner Meinung nach sind die HSV-Handballer nicht mehr zu retten.“

Umso weniger lassen Geschäftsführer Christian Fitzek und die Spieler unversucht, um den 60-Jährigen ein weiteres, dann aber auch wirklich letztes Mal umzustimmen. So bekam Rudolph selbst ein Konzept vorgelegt, wie sich der Verein aus der Abhängigkeit von ihm befreien wolle. Diesen Vorsatz fassen sie beim HSV indes auch schon seit Jahren immer wieder – gelungen ist es nie.

Es heißt auch immer wieder, da wären Sponsoren zum Einstieg bereit, wenn sich Rudolph, der Bestimmer, endgültig zurückzöge. Allerdings schien in der Vergangenheit das Risiko wohl stets zu groß, als dass der Club den Rudolph’schen Schutzschirm verlassen hätte. Der Übergang zu einem tragfähigen Modell mit mehreren Sponsoren stellte sich offenbar als zu riskant dar.

„Meiner Meinung nach sind die HSV-Handballer nicht mehr zu retten“

Andreas Rudolph, Unternehmer und langjähriger Mäzen des HSV Hamburg, formuliert gegenüber dem NDR eine skeptische Haltung

Auf der Geschäftsstelle des HSV Hamburg haben sie sich schon mit dem Schlimmsten beschäftigt: Was passiert bei einer Insolvenz? Wie kann der Spiel- und Geschäftsbetrieb fortgesetzt werden? „Wir benötigen alle Zeit und Energie, die uns jetzt noch zur Verfügung steht, um an einer Lösung für den HSV Handball zu arbeiten“, heißt es in einer Stellungnahme, die Geschäftsführer Fitzek am Freitag herausgab. „Wir bitten um Geduld und hoffen auf das Verständnis der Medien. Bis heute gibt es keine richtungsweisende Entscheidung, die wir verkünden könnten. Es ist möglich, dass wir am Dienstag weitere Information geben können. Ob bis dahin eine endgültige Entscheidung getroffen wurde, können wir Stand heute aber noch nicht sagen.“

Das Verständnis unter den anderen Bundesligaklubs ist allem Anschein nach aufgebraucht. „Alle wollen Hamburg gerne in der Liga haben, aber irgendwann reicht es“, sagte Ex-Coach Bob Hanning, Geschäftsführer der Füchse Berlin, der Hamburger Morgenpost. „Das kann nicht immer so weitergehen. Jetzt muss auch mal Schluss sein. Der HSV muss die Probleme ein für alle Mal lösen.“

Derzeit sieht es aber eher danach aus, als zerbreche der Verein daran.

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