Eine Platte für Künstler und Flüchtlinge

Städtebau Eine Initiative und Mitte-Bürgermeister Hanke möchten das ehemalige Haus der Statistik zum Zentrum für Geflüchtete und Kreative umbauen. Der Finanzsenator sieht dort aber den Platz für eine Behörde

Der Zukunft zugewandt könnte das Haus der Statistik ein Zentrum für Geflüchtete, Soziales, Kunst und Kreative werden Foto: Klaus-Dietmar Gabbert/dpa

von Uwe Rada

In der Berliner SPD bahnt sich ein Konflikt um die künftige Nutzung des ehemaligen Hauses der Statistik an. Geht es nach dem Willen von Mittes Bürgermeister Christian Hanke (SPD), könnten in das 50.000 Quadratmeter große Gebäude an der Otto-Braun-Straße bald Flüchtlinge und Kreative einziehen. Hanke weiß sich damit einig mit einem Bündnis, das am Freitag das Konzept für ein „Zentrum für Geflüchtete, Soziales, Kunst, Kreative“ vorgestellt hatte. Demgegenüber will Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (ebenfalls SPD) in dem Stahlskelettbau eine Behörde unterbringen. Dies bestätigte Kollatz-Ahnens Sprecherin Eva Henkel der taz. Für ein reines Bürogebäude müsse das Land Berlin dem Bund weniger Kaufpreis zahlen als für ein Gebäude, in dem auch Wohnungen errichtet werden. Derzeitige Eigentümerin des leer stehenden und verfallenden Gebäudes ist die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima).

Als etwas „ganz Spannendes“ bezeichnete Hanke das Konzept des Bündnisses, Flüchtlinge und Kreative künftig an einem Ort zusammenbringen zu wollen. Je mehr die Innenstadt kommerzialisiert werde, desto wichtiger würden „solche Experimentierräume“. Hanke sprach in dem Zusammenhang von einer „gentrifizierungsfesten Insel“ für Berlin.

Die derzeit in der Messehalle 26 untergebrachten Flüchtlinge können nicht wie geplant am Montag ins Internationale Congress Centrum (ICC) umziehen. Neuer Termin soll nun Freitag sein. Im ICC gebe es 650 Plätze.

Auch der Berliner Dom nimmt Flüchtlinge auf: Ab Donnerstag sollen in bisherigen Ausstellungsräumen des evangelischen Gotteshauses 16 minderjährige Flüchtlinge untergebracht werden, die ohne ihre Eltern nach Berlin gekommen sind. (taz,epd)

In dem mehrere Gebäudeteile umfassenden Komplex, der vom Alexanderplatz entlang der Otto-Braun-Straße bis zur Mollstraße reicht, will die Ini­tiative Haus der Statistik 45 Prozent der Fläche für Flüchtlingswohnen bereitstellen. Dazu sollen noch einmal 20 Prozent für Bildungs- und Integrationsprojekte für Flüchtlinge kommen. Ein Viertel der Räume sollen Kunst und Kultur beherbergen. „Das Haus der Statistik ist der einzige Ort am Alexanderplatz, an dem es noch Platz für kreative Nutzungen gibt“, sagte Berlins Atelierbeauftragter Florian Schmidt. Insgesamt soll das Projekt 50 Millionen Euro kosten.

Auch eine Machbarkeitsstudie hatte die Initiative am Freitag bei ihrer Projektpräsentation im Gepäck. So soll der Preis für den Bau von Wohnungen etwa tausend Euro pro Quadratmeter betragen, Büros sollen sogar nur die Hälfte kosten. „Das ist möglich, weil wir das Gebäude nicht abreißen müssen“, sagte Florian Schöttle, der die Studie erstellt hat. Im besten Falle könnten bereits innerhalb eines Jahres Tausend Flüchtlinge im neuen Zentrum unterkommen. Man befinde sich in Gesprächen mit dem Senat, so Schöttle. So habe Kulturstaatssekretär Tim Renner (SPD) bereits Unterstützung zugesagt.

Eine entscheidende Rolle aber spielt der Finanzsenator. „Wir befinden uns derzeit in Gesprächen mit der Bima“, sagte Finanzsprecherin Eva Henkel. Verhandlungen aber gebe es noch keine. „Dafür müssen wir erst wissen, was dort entstehen soll. Henkel sagt, ihre Verwaltung könne sich auch einen Abriss und einen Neubau vorstellen. Anders als bei den 4.500 Wohnungen, über die der Senat derzeit mit der Bima verhandelt, ist beim Haus der Statistik nicht Bausenator Andreas Geisel (SPD) federführend, sondern Finanzsenator Kollatz-Ahnen. „Es ist in diesem Zusammenhang nicht hilfreich, wenn andere Stellen des Landes von sich aus auf die Bima zugehen“, so Sprecherin Henkel.

Das sieht Christian Hanke etwas anders. Bereits in der kommenden Woche soll sich die Bezirksverordnetenversammlung für das Flüchtlings- und Kreativzentrum aussprechen, sagt er. Wie die Initiative Haus der Statistik befürwortet auch Hanke den Kauf des Gebäudes durch das Land. Dieses wiederum soll es dann einer Entwicklungsgesellschaft übertragen, die sich um Bau und Finanzierung des Projektes kümmert. „Es gibt eine Verpflichtung des Bundesregierung, dass die Bima mit dem Kommunen auch wegen der Unterbringung von Flüchtlingen verhandelt“, gibt sich Hanke optimistisch. Für die Ini­tiative wäre ein bloßer Verwaltungsstandort am Alexanderplatz nicht zukunftsweisend. Das machte auch Stefan Richter von der am Bündnis beteiligten Stiftung Zukunft Berlin deutlich. „Das Spannende an Berlin sind seine kreativen Räume“, sagte Richter. Gerade am Ale­xanderplatz sei ein solches Projekt richtig.