Israel verschärft den Kampf gegen Kritiker

ISRAEL Vertreter linker NGOs sollen bei Treffen mit Politikern künftig eine Plaketten tragen

Im Büro von "Das Schweigen brechen", Tel Aviv Foto: reuters

AUS JERUSALEM Susanne Knaul

Die Hexenjagd in Israel gegen regimekritische Organisationen soll mit einer geplanten Rechtsreform legale zusätzliche Rückendeckung erhalten. Bereits am Sonntag bewilligte das Kabinett in Jerusalem einen Reformvorschlag von Justizministerin Ajalet Schaked von der Siedlerpartei Das jüdische Haus. Laut „Transparenz-Gesetz“ sollen Nichtregierungsorganisationen (NGOs), die über die Hälfte ihres Budgets als Spenden von ausländischen Regierungen beziehen, künftig dazu verpflichtet werden, bei Terminen mit parlamentarischen Vertretern eine entsprechende Plakette zu tragen. Außerdem sollen die NGOs detaillierte Angaben über die ausländischen Spender machen. Israels Regierungschef Benjamin „Netanjahu zerschlägt die Überreste des demokratischen Spielraums in Israel“, kommentierte der Abgeordnete Ayman Odeh von der arabischen-antizionistischen Vereinten Liste.

Der Reformvorschlag, der nächste Woche der Knesset vorgelegt werden soll und so gut wie sicher befürwortet werden wird, steht in einer Reihe von Entwicklungen zur Ächtung regimekritischer Stimmen im Land, allen voran den Kritikern der Besatzung. Erst vor knapp zwei Wochen trat die rechtsnationalistische Organisation Im Tirzu mit einem via Internet verbreiteten Hetzvideo an die Öffentlichkeit, das vier Menschenrechts- und Friedensaktivisten als ausländische „Implantate“ beschimpfte, die es darauf anlegten, gegen Israel zu agitieren. Eine der im Video genannten linken NGOs ist Das Schweigen brechen, eine Gruppe ehemaliger Soldaten, die im besetzten Gebiet stationiert waren.

„Es geht nicht nur um einen Sticker, den wir künftig bei Terminen in der Knesset tragen müssten“, kommentiert Avichai Stoller von Das Schweigen brechen. Sollte die Reform verabschiedet werden, müssten die Friedensaktivisten „bei jedem Antrag an staatliche Institutionen klarstellen, dass mehr als die Hälfte ihres Budgets von offiziellen Stellen aus dem Ausland kommt“. Sponsoren und Einnahmen von Das Schweigen brechen sind schon jetzt detailliert auf der Webseite der Or­ganisation einsehbar, und, „im Gegensatz zu vielen anderen regierungstreuen Organisationen“, auch die Ausgaben, sagt Stoller.

Das rechtsnationale Lager bekommt vor allem Geld von ­Privatleuten

In einem offenen Brief an Justizministerin Schaked warnt das Israelische Demokratie-Institut (IDI) vor Schaden für Israels Ansehen als Demokratie. Besonders problematisch sei, dass das „Transparenz-Recht“ nur Spenden ausländischer Staaten nennt, für private Gelder aber nicht gilt. Damit werde der Zweck verfolgt, „nur den NGOs zu schaden, die auf einer bestimmten Seite der politischen Landkarte stehen“.

Tatsächlich beziehen linke und friedenspolitisch engagierte NGOs meist Unterstützung von staatlichen Institutionen im Ausland, wohingegen Israels rechtsnationales Lager vor allem von Privatleuten Spenden bezieht. Justizministerin Schaked begründete ihren Gesetzesvorschlag damit, dass die Öffentlichkeit ein Recht habe, zu wissen, welche ausländischen Regierungen sich in die inneren Angelegenheiten Israels einmischen. Das IDI verweist in dem offenen Brief an Schaked auf ein vergleichbares US-Gesetz, das „keine Unterscheidung zwischen privaten und staatlichen Spenden macht“ und erst dann zur Anwendung kommt, wenn die ausländische Institution „auf die ein oder andere Art die Aktivitäten der finanzierten Organisation managt“.