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portraitDie Fotografin des Echten

Annie Leibovitz revolutioniert den Pirelli-Kalender Foto: dpa

Annie Leibovitz fotografiert die ganz Großen. Whoopie Goldberg grinsend in einer Badewanne voller Milch, John Lennon und Yoko Ono oder die Queen. Sie fotografiert für die ganz Großen, wie die Vanity Fair oder die Vogue. Und sie fotografiert große Ideen. Zum Beispiel, dass eine Frau auf Hochglanzpapier mehr sein kann als lange Beine, heiße Kurven und ein sinnlicher Mund.

Diese Botschaft hat Leibovitz hineingetragen bis ins Zentrum der erotischen Fotografie: den Pirelli-Kalender 2016, ein Symbol der angeblichen weiblichen Perfektion. Leibovitz setzt dem etwas entgegen. Sie fotografierte die Tennisspielerin Serena Williams, die stolz ihren muskulösen Rücken präsentiert. Sie zeigte Patti Smith, die inzwischen 68-jährige Godmother of Punk. Sie bildete die Komikerin Amy Schumer ab, wie sie in Höschen auf einem Barhocker sitzt und der Welt zeigt, wie ihr Körper aussieht – ohne Baucheinziehen, ohne Luftanhalten.

Seit fast 50 Jahren fotografiert die 1949 in Connecticut geborene Leibovitz. Ihre ersten Fotos schoss sie auf den Philippinen, wo ihr Vater im Vietnamkrieg stationiert war. Einige Monate lebte sie in einem Kibbuz in Israel. Als 19-Jährige bekam sie einen Job beim Rolling Stone, drei Jahre später wurde sie Cheffotografin des Magazins. Sie brachte in ihrer Beziehung mit Susan Sontag eine Tochter zur Welt, mit dem Samen eines anonymen Spenders. 2005 trug eine Leihmutter für sie Zwillinge aus.

Für den Pirelli-Kalender ist das Jahr 2016 eine Revolution. Nicht so für die 66-jährige Fotografin. Schon oft hat sie ins Licht gerückt, was bis dahin an den Rand verwiesen wurde. 1991 brachte sie eine nackte und hochschwangere Demi Moore auf das Cover der Vanity Fair. Dieses Jahr redete die Welt über ihr Foto von Caitlyn Jenner auf dem Cover – einer schönen Frau, einer Sportlerin, die kurz zuvor noch Bruce Jenner hieß. Leibovitz diskutiert mit ihren Bildern, worüber andere mit Worten streiten. Was kann, was muss eine Frau sein? Und wer bestimmt darüber? „So verschieden, vielfältig, heldenhaft, hilflos, konventionell, unkonventionell“, schrieb Susan Sontag über einen Bildband mit Fotos amerikanischer Frauen aus dem Jahr 2000. Dinah Riese

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