Der Müll kommt in den Osten

GIFT Das Chemie-Abfalllager in Hemelingen wird genehmigt, verspricht der Umweltsenator. Die Bürgerinitiative wirft Rot-Grün „Wortbruch“ vor

„Fachlich und rechtlich ist der Standort geeignet“

Umweltsenator Joachim Lohse (Grüne)

Das Bau- und Umweltressort wird das umstrittene Abfallzwischenlager für Farben, Lacke, Lösemittel, Säuren und Laugen in Hemelingen genehmigen – trotz massiver Proteste und entgegen früherer Ankündigungen von rot-grünen Koalitionspolitikern.

Der Standort an der Herrmann-Funk-Straße – er liegt ganz in der Nähe eines Wohngebietes – sei „fachlich und rechtlich“ geeignet, eine Umsiedlung „nicht realisierbar“, sagte Senator Joachim Lohse (Grüne) am Dienstag. Sein Ressort „müsse“ die Genehmigung deshalb erteilen. Alternative Standorte seien „sehr ernsthaft“ erwogen und „intensiv“ geprüft worden, erklärte Lohse, zusammen mit SPD-Wirtschaftssenator Martin Günthner.

Die Bürgerinitiative (BI), die seit Langem gegen das Vorhaben kämpft, ist „erbost“ und wirft der rot-grünen Landesregierung „Wortbruch“ vor. Denn nach der Explosion einer Chemiefabrik in einem Wohngebiet in Ritterhude im vergangenen Jahr hatte Lohse noch erklärt: „Wir werden das beantragte Abfallzwischenlager in Hemelingen nicht genehmigen.“ In Wirklichkeit wurde das Genehmigungsverfahren aber nur „ausgesetzt“, wie die Behörde jetzt sagt. Die „thermischen Behandlungsverfahren“, die das Unglück in Ritterhude ausgelöst hätten, seien von der Firma „Pro Entsorga“ in Hemelingen nicht beantragt.

Im Wahlkampf noch hatte Bürgermeister Jens Böhrnsen gesagt, ein Abstand von 200 Metern zur nächste Wohnbebauung sei „zu gering“, zudem gebe es „besser geeignete Industrieflächen“ in Bremen – in der Debatte war immer wieder der Industriepark nahe der Stahlwerke. Die grüne Umweltpolitikerin Maike Schaefer, heute Fraktionschefin, sagte gar: „Solche Betriebe dürfen unter keinen Umständen in der Nähe von Wohnbebauung angesiedelt werden.“ Heute findet das Umweltressort kein Alternativkonzept überzeugend genug – und rechtlich durchsetzbare Ablehnungsgründe gebe es nicht.

Dem widerspricht die BI – und mit Verweis auf das „Rücksichtnahmegebot“. Sie fordert ein Standortkonzept für die Abfallwirtschaft in Bremen und einen neuen Bebauungsplan, der eine Ansiedlung wie die von Pro Entsorga verhindert. Von den KritikerInnen bemängelt wird unter anderem die Intransparenz des Verfahrens, etwa bei der Frage, welche Stoffe genau gelagert oder behandelt werden dürfen, und der Brandschutz – mit Verweis auf 18 Brände im Bereich des Hemelinger Hafens in der jüngeren Vergangenheit.

Jan Zier

Demo: 27. November, 16 Uhr, Hermann-Funk-Straße 5