Wundertüte regiert Kanada

Trudeaus Kabinett

EDMONTON taz | Kanadas neuer Premierminister Justin Trudeau, der sich selbst als Feminist bezeichnet, hat seinen Worten erste Taten folgen lassen. Sein neues Kabinett besteht zur Hälfte aus Frauen - zum ersten Mal in der Geschichte Kanadas. „Weil es 2015 ist“, gab der Liberale als Grund an.

Am Kabinettstisch in Ottawa geht es zukünftig insgesamt ungewöhnlich bunt zu. Zu Trudeau Ministerriege gehören unter anderem vier Sikh, eine gebürtige Afghanin, eine Ureinwohnerin, ein Inuit, ein Schwuler - ein echter Querschnitt der kanadischen Gesellschaft eben.

Viele seiner 15 neuen Ministerinnen sind echte Power-Frauen. Justizministern Jody Wilson-Raybould ist eine Ureinwohnerin vom pazifischen Westküstenvolk der „We Wai Kai“; sie regierte lange als Häuptling. Handelsministerin und damit zuständig für das Freihandelsabkommen mit der EU wird die Starjournalistin Chrystia Freeland. Die Kartellanwältin und UN-Unterhändlerin Catherine McKenna soll als Ministerin für Umwelt und Klimaschutz die mächtige Ölindustrie zur Reduzierung von Treibhausgasen verpflichten.

Von hoher symbolischer Bedeutung in Zeiten der Flüchtlingskrise ist auch die Beförderung von Maryam Monsef, der ersten afghanisch-stämmigen Parlamentsabgeordneten in Ottawa. Als Elfjährige war sie als Flüchtling nach Kanada. Nun soll die 30-Jährige eine Herkulesaufgabe übernehmen und die verkrusteten demokratischen Institutionen und das Wahlrecht Kanadas reformieren.

Auch inhaltlich stehen beim neuen Premier Frauenthemen oben auf der Agenda. Schließlich waren es vor allem die Kanadierinnen gewesen, die ihm bei der Wahl zur überraschenden Mehrheit verholfen hatten.Jörg Michel