: „Gentrifizierung droht“
Sportstandort Diskussion zum Für und Wider einer Hamburg-Olympiabewerbung
51, ist Landespastor und Vorstandsvorsitzender des Diakonischen Werks.
taz: Herr Ahrens, würde der liebe Gott die Millionen eher für Olympia ausgeben oder für Obdachlose und Flüchtlinge?
Dirk Ahrens: Ich maße mir nicht an, das zu wissen, vermute aber, dass das Geld eher an die Armen gehen würde.
Widerspricht das olympische Leistungsprinzip nicht ohnehin dem Ethos der Kirche?
Natürlich ist Olympia keine dezidiert christliche Erfindung. Der Grundgedanke eines internationalen friedlichen Treffens der Jugend ist aber durchaus christlich verortbar.
Und wie stehen Sie zu Olympia in Hamburg?
Letztlich sind wir –Kirche und Diakonie –nicht hier, um zu sagen, wir sind für oder gegen Olympia. Sondern um zu schauen, welche Auswirkungen das Geschehen auf die Armen hat.
Etwa auf der Veddel, die das Olympische Dorf beherbergen soll.
Ja. Da ist durchaus mit Gentrifizierung zu rechnen, sodass die jetzt dort lebenden Menschen verdrängt werden. Eine andere Frage: Wie viel von den guten Planungen der Stadt lässt sich unter den Bedingungen des vom IOC festgezurrten „Host City Contract“ im Ernstfall umsetzen? Welche Entscheidungsfreiheit hat die Stadt noch?
Hinzu kommt das Flüchtlingsproblem.
Ja. Die Unterbringung und Integration so vieler Flüchtlinge erfordert momentan unsere ganze Kraft. Aber wird die noch hinreichend da sein, wenn Olympia dazukommt? Müssen wir uns eine zweite große Herausforderung aufbürden?
Deren Finanzierung auch noch nicht steht.
Ja, und das heißt, dass wir beim Referendum am 29. November auf guten Glauben und Vertrauen etwas befürworten sollen, von dem wir nicht wissen, ob wir es uns leisten können. Und falls ja: Wie teuer es wirklich wird. Fast alle Olympischen Spiele haben bislang ihre Kalkulationen um ein Mehrfaches überschritten –warum soll es hier anders sein? Und aus welchen Bereichen würde man dann Mittel abziehen, um Olympia zu finanzieren?
Was vermuten Sie?
Wir fürchten, dass die Verlierer jene sein werden, die in unserer Stadt schon immer verloren haben. Interview: PS
Diskussion „Olympische Spiele in Hamburg –Chancen und Risiken“ mit Landespastor Dirk Ahrens, Innen- und Sportsenator Michael Neumann (SPD), dem Sozialwissenschaftler Michael Rothschuh sowie Hamburgs einstigem Sportamtsleiter Hans-Jürgen Schulke: 18.30 Uhr, Patriotische Gesellschaft
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