Was nützt Zschäpe eine Aussage?

NSU-Prozess II Die Angeklagte könnte versuchen, sich als unwissend oder unwichtig darzustellen

FREIBURG taz | Angeklagt ist Beate Zschäpe vor allem als Mittäterin an zehn Morden. Die Bundesanwaltschaft wirft ihr vor, dass sie gemeinsam mit Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt die Taten geplant und ausgeführt hat. Sie sei zwar nicht an den Tatorten gewesen, habe aber die „unauffällige Fassade“ der Gruppe gepflegt und sich an der Organisation der Taten beteiligt.

Schon vor Prozessbeginn hat das Oberlandesgericht (OLG) München die Anklage zugelassen. Es hielt somit schon damals eine Verurteilung für wahrscheinlich. Bisher hat die Beweisaufnahme wenig ergeben, was Zschäpe entlasten könnte.

Wenn Zschäpe weiter schweigt, könnte sie also eine Verurteilung zu lebenslanger Haft nicht vermeiden. Es bestünde sogar die Gefahr, dass das OLG wegen der Vielzahl der Taten eine „besondere Schwere der Schuld“ annimmt. Zschäpe hätte dann keine Chance, nach 15 Jahren entlassen zu werden.

Zschäpe könnte nun versuchen, das Gericht zu überzeugen, dass sie von den Morden Mundlos’ und Böhnhardts gar nichts wusste. Sie könnte behaupten, dass sie zwar das Leben in der Illegalität mitorganisierte, allerdings nur die zahlreichen Raubüberfälle ihrer beiden Freunde decken wollte. Handfeste Indizien, dass Zschäpe von den Morden wusste, gibt es tatsächlich wenig.

Zschäpe könnte auch versuchen, ihre Rolle in der Gruppe als nachrangig darzustellen. Dann wäre sie nicht Mittäterin, sondern nur Gehilfin, was einen Strafnachlass erlaubt. Allerdings hat sie am Tag ihrer Flucht auch das Haus in Zwickau angezündet und dabei wohl den Tod einer alten Bewohnerin in Kauf genommen. Diese Tat hat mit ihrer Stellung in der Gruppe nichts zu tun.

Für eine bloße Aussage gibt es noch keinen Rabatt beim Strafmaß. Dazu müsste Zschäpe ein Geständnis ablegen, die NSU-Geschichte aufklären und/oder glaubhaft Reue bekunden. Damit rechnet kaum jemand.

CHRISTIAN RATH