Daniel Bax über die Berliner SPD und das "Neutralitätsgesetz"
: Angst essen Kopftuch auf

Eine Demokratie, die über Minderheitenrechte abstimmen lässt, läuft auf eine Diktatur der Mehrheit hinaus. Darum rufen Rechtspopulisten wie die AfD gern nach „Volksabstimmungen“ – über den Bau von Moscheen, die Homo-Ehe oder das Abtreibungsrecht. Weil sie wissen, dass sich Minderheitenrechte so aushebeln lassen.

Indem sie ihre Mitglieder darüber abstimmen ließ, ob das Kopftuchverbot für Lehrerinnen und andere Beamte in der Hauptstadt weiter bestehen bleiben soll, ist die Berliner SPD nun in diese Fußstapfen getreten. Um ganz deutlich zu machen, welches Votum sie von ihren Parteimitgliedern erwartete, hatte die Berliner Parteispitze im Vorfeld geschlossen erklärt, am sogenannten Neutralitätsgesetz festhalten zu wollen, und die Frage nach dem Kopftuch betont suggestiv formuliert. Dabei wäre das gar nicht nötig gewesen: Die Berliner SPD, die Rechtsausleger wie Buschkowsky und Sarrazin hervor gebracht hat, ist ohnehin eher konservativ gepolt.

Ginge es der Berliner SPD ernsthaft um „religiöse Neutralität“ im Sinne des französischen Laizismus, müsste sie auch Weihnachtskrippen, Ostereier und christlichen Religionsunterricht aus Berliner Schulen verbannen. Das wäre konsequent, aber so „neutral“ ist man dann doch nicht. Ausgerechnet in der Hauptstadt soll nun verboten bleiben, was in Nordrhein-Westfalen und Bremen künftig erlaubt ist: Lehrerinnen oder Polizisten mit Kopftuch scheint die Berliner SPD ihren Wählern nicht zumuten zu wollen, und die CDU macht da mit. Großstadtpartei geht anders.

Den betroffenen Frauen bleibt nur, gegen diese Bekleidungsvorschrift vors Bundesverfassungsgericht zu ziehen – Karlsruhe hat ihnen im Prinzip ja bereits recht gegeben. Das Berliner Beharren auf dem Kopftuchverbot zeigt, dass die Panik vor Pegida & AfD nicht nur die Union erfasst hat. Die Berliner SPD gleicht damit der Bundespartei, die in der Asylpolitik ein ums andere Mal einknickt.

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