Nur noch saubere Investitionen

Divestment Münster beschließt als erste Kommune in Deutschland, öffentliches Kapital aus klimaschädlichen Industrien abzuziehen – unter anderem verkauft sie RWE-Aktien

Sympathisches Städtchen, dieses Münster, selbst bei Nacht Foto: Rüdiger Wölk/imago

von Hannes Koch

Erstmals hat eine deutsche Stadt beschlossen, ihr Kapital von klimaschädlichen Industrien abzuziehen. Im nordrhein-westfälischen Münster beschloss der Haupt- und Finanzausschuss des Stadtrats am Mittwoch­abend, Millionen Euro umzuschichten. Zwei städtische Fonds dürfen ab 2016 kein Geld mehr in die Kohle-, Gas- und Ölindustrie investieren.

Den Antrag hatten Grüne und SPD gemeinsam eingebracht. Die Linke stimmte zu, CDU und FDP lehnten ab. Münster ist damit die erste Stadt in Deutschland, die sich der weltweiten Divestment-Bewegung anschließt. Umweltverbände und Kapitalanleger wollen finanziellen Druck auf Unternehmen ausüben, die Kohle, Erdgas oder Erdöl fördern, verarbeiten und verbrennen. Der Verkauf von Anteilen solcher Konzerne soll die Aktienkurse drücken und sie so veranlassen, aus klimaschädlichen Geschäften auszusteigen.

Im Antrag heißt es, dass sich die Stadt Münster nicht mehr an Unternehmen beteiligt, „die Atomenergie erzeugen oder auf nicht nachhaltige und klimaschädliche Energien setzen“. Auch Investitionen in die umstrittene Erdgas-Fördermethode Fracking werden ausgeschlossen. Ebenso wenig soll künftig Geld in Firmen fließen, die Kinderarbeit zulassen, Kriegswaffen herstellen oder Pflanzen gentechnisch verändern.

Konkret geht es um zwei Fonds, in denen rund 30 Millionen Euro städtisches Geld angelegt sind. Diese Fonds müssen nun beispielsweise Aktien der Energiekonzerne RWE, OVM und Enel verkaufen.

Kampagnen für den Kapitalabzug gibt es mittlerweile in 23 deutschen Städten, sagt Tine Langkamp von der Organisation 350.org. Unter anderem in Aachen, Bochum, Köln und Berlin.

Andere Länder sind schon weiter. Nach Informationen der norwegischen Zentralbank stieß der globale Pensionsfonds der norwegischen Regierung im Jahr 2014 Anteile an 22 Unternehmen ab. Ein Schwerpunkt der Divestment-Aktivitäten liegt in den USA.

Nach Einschätzung der Kampagnen-Organisation 350.org wollen Investoren weltweit etwa 260 Milliarden US-Dollar aus klimaschädlichen Geschäften abziehen. Zum Vergleich: Etwa vier Billionen Dollar betrug der addierte Marktwert der Branchen Elektrizität, Bergbau, Öl und Versorgung in der Financial-Times-Liste der 500 größten globalen Konzerne im März 2015.