: Erforscher des menschlichen Scheiterns
INDIEN Bolly-was? Das Hamburger Metropolis-Kino zeigt frühe Filme von Satyajit Ray und aus dem unbekannten Nordosten
Ab Montag feiert Hamburg seine erklärt guten Beziehungen zu Indien: Das Programm der sechsten „India Week“ umfasst rund 80 Veranstaltungen. Dass dazu auch Filme gehören, liegt nahe, das Kino ist in Indien mit mehr als 1.000 produzierten Filmen pro Jahr noch immer das wichtigste kulturelle Medium.
Umso besser, dass gerade das Frühwerk des im Westen bekanntesten indischen Regisseurs Satyajit Ray für Wiederaufführungen um die Welt geschickt wird: Sechs Filme, entstanden zwischen 1958 und 1969, laufen nun im Hamburger Metropolis-Kino, und Rays Lieblingsschauspielerin aus dieser Zeit, Sharmila Tagore, ist bei einigen Aufführungen als Ehrengast dabei. In den Blick nimmt das Metropolis aber auch eine vermeintlich entlegene Entstehungsregion indischen Films –jenseits von Bollywood.
Im Grunde machte der Bengale Satyajit Ray (1921–1992) ein westliches Kino: Seine Vorbilder waren inhaltlich Anton Tschechow und stilistisch Jean Renoir, den er bei dessen Dreharbeiten zu „The River“ traf. So sind seine Filme meist private, subtil erzählte Studien des menschlichen Scheiterns. In „Devi – Die Göttin“ aus dem Jahr 1960 etwa, mit dem die Metropolis-Reihe am Dienstag, 3. 11., beginnt, spielt Sharmila Tagore eine junge Frau, deren Leben aus den Fugen gerät, nachdem sie ihrem Schwiegervater im Traum als die Inkarnation der Göttin Kali erscheint: Bald wird sie von herbei strömenden Pilgern verehrt und verliert zunehmend ihre eigene Identität.
In „Aranyer Din Ratri – Tage und Nächte in der Wildnis“ (Mi, 4. 11.) spielt Tagore die Angehörige eines im Wald lebenden Stammes, den vier Männer aus Kalkutta besuchen. Den Stadtmenschen macht die junge Frau schmerzlich klar, wie beschränkt ihr Weltbild ist. Für „Mahanagar – Die große Stadt“ (Sa, 7. 11.) und „Charulata – Die einsame Frau“ (So, 8. 11.) bekam Satyajit Ray 1963 beziehungsweise 1964 Silberne Bären auf der Berlinale.
Außerhalb Indiens weitgehend unbekannt sind Filme, die im Nordosten des Landes entstehen, gedreht in den vielen Sprachen der Region. So war 2013 Sange Dorjee Thongdoks „Crossing Bridges“ (Fr, 6. 11.) der erste Spielfilm, in dem der Shertukpen-Dialekt gesprochen wird.
Sucht man nach einem gemeinsamen Nenner, dann ist es wohl der genaue Blick, mit dem diese Filme Menschen und Landschaft zeigen. Manju Borah etwa nimmt sich mit „Ko:Yad“ (Sa, 7. 11.) des Alltagslebens der ethnischen Minderheit der Mishing in einem kleinen Dorf an. Und Haobam Paban Kumars Doku „Phum Shang“ (Do, 5. 11.) handelt von den schwimmenden Inseln auf dem riesigen Loktak-See. HIP
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