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Elftausend Menschen evakuiert

Entschärfung Kriegsbombe legt ein ganzes Viertel lahm. Zünder nach neun Stunden entschärft

Die erste Amtshandlung eines Chefs vom Dienst in der taz.Berlin-Redaktion an einem Sonntag ist das Zeitungholen im Lädchen an der Ecke zum Checkpoint Charlie. Auch an diesem Bomben-Sonntag. Die Frau hinterm Verkaufstresen schaut irritiert: „Können Sie denn heute arbeiten, das taz-Gebäude ist doch auch betroffen“, gibt sich die Frau bestens informiert.

Na ja, konnten wir doch. Einen Steinwurf vom taz-Haupthaus entfernt hat der Verlag Büroräume für Vertrieb- oder Abo-Abeilung. Da sind wir untergekommen und produzieren die Montagsausgabe unter bescheidenen Bedingungen. Wobei wir KollegInnen uns da einig sind: Irgendwie aufregend ist das alles schon. Und ungewohnt: Rund ums Gebäude liegt ein Gespensterviertel, es herrscht die totale Ruhe. Denn alle Nachbarn sind evakuiert.

Das aber hat lange gedauert. Acht Stunden! Mit 250 Beamten hat die Polizei dafür gesorgt, die Anwohner rund um den Fundort der Fliegerbombe mitten in Kreuzberg in Sicherheit zu bringen. Die Sicherheitszone wird im Norden begrenzt von der Rudi-Dutschke-Straße, im Osten von der Alten-Jakob-Straße, im Süden von der Gitschiner Straße und im Westen von der Wilhelmstraße beziehungsweise der Puttkamerstraße. Die U-Bahn-Linien 6 und 12 wurden teilweise unterbrochen, Busse umgeleitet.

Etwa 11.500 Menschen seien betroffen, sagte ein Polizeisprecher am Sonntagmittag. Die Polizisten klingelten seit 10 Uhr bei sämtlichen Gebäuden, die in dem Sperrkreis von mehreren hundert Metern um das Jüdische Museum liegen. Obwohl die Polizei im Vorfeld Flugblätter verteilt hatte, hätten nicht alle Anwohner ihre Wohnungen geräumt. Deshalb ziehen sich die Evakuierungsmaßnahmen hin. Gegen 16 Uhr meldet die Polizei, dass ein Mann in einem Spezialbett im Bombengebiet entdeckt wurde; ein Spezialtransport ist dafür notwendig.

Wenn die Entschärfung losgeht, will das die Polizei per Twitter mitteilen. Wir in der Ersatzredaktion warten und warten. Kurz vor 17 Uhr die Meldung: Die Evakuierung ist abgeschlossen – die Entschärfung beginnt. 17.04 Uhr die gute Nachricht: Der erste Zünder wurde erfolgreich entfernt. Der zweite um 17.32 Uhr – Feierabend! Andreas Hergeth

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