Synthesizer-Konfekt

KonzertEin wenig elektronisches Blubbern und viel mehr gefühlig geschmelzte Melodien: die Elektronische Staubband um Yann Tiersen im Monarch

Das ist doch ein merkwürdiger Name, den das Trio für sich ausgesucht hat: Elektronische Staubband. Was sich aber gleich viel charmanter anhört, wenn man sich diese deutschen Wortbrocken mit einem französischen Zungenschlag ausgesprochen vorstellt, so wie man das in der Heimat des Trios macht.

Die Staubband kommt aus Frankreich und hat mit Yann Tiersen auch einen recht pro­minenten Musiker in ihren Reihen, eine Alphafigur des Nou­velle Chanson und weiterhin am bekanntesten für seinen gefühligen und nicht gar zu ­sentimentalen Soundtrack, den er für „Die fabelhafte Welt der Amélie“ geschrieben hat, diese Konfektschachtel von einem Film.

Dass aber beim Konzert der Elektronischen Staubband, kurz und nüchtern auch als ESB firmierend, am Donnerstag in der Konzertbar Monarch die Reihen nicht ganz geschlossen waren und durchaus noch etliche Amélie-Fans Platz gefunden hätten, mag 1. daran liegen, dass dieser Film halt bereits vor fünfzehn Jahren in den Kinos war und sich Ruhm und Ehre etwas abgenutzt haben seither. Und 2. mehr noch daran, dass die Elektronische Staubband laut der Papierform sich weniger für das Gefühlige zuständig erklären will und mehr für eine experimentelle Musik an analogen Synthesizern. Und das ganz puristisch, also ohne Gitarren, Geigen oder sonstiges Instrumentarium, das die drei Herren, neben Tiersen noch Lionel Laquerrière und Thomas Poli, als ausgewiesene Multiinstrumentalisten doch auch beherschen würden.

Orientierung Krautrock

Gerade eben haben ESB auf ­Bureau B, dem Hamburger Fachlabel für Krautrock und Elek­tro­ni­­sches, mit „Square Triangle Sine“ ihr Debütalbum vorgelegt. Im Infoschreiben werden dafür als Orientierungsmarken Namen wie Klaus Schulze, Kraftwerk und Neu! aus der Heiligenliga des Krautrock in Stellung gebracht. Was schon in Ordnung geht. Auch wenn ESB prinzipiell doch vielleicht mehr in der Tradition eines Jean Michel Jarre stehen, der einst mit ­„Oxygene“ die Blaupause für eine schwelgende, sanft blubbernde und unbedingt romantisch gestimmte Synthiemusik vorgelegt hat. Weil das bei dem Franzosen auch etwas arglos vor sich hin lullt, gilt sein Name im musikalischen Elektrofachhandel im Vergleich zu seinen deutschen Kollegen allerdings nicht wirklich als hip.

Natürlich bedienten sich ESB im Monarch bei den musikalischen Kernkompetenzen der analogen Synthesizer mit dem Fiepen, dem Blubbern und den Heulgeräuschen. Was aber allgemein eher Garnitur blieb, während sich die Musiker ihrer Kernkompetenz widmeten, nämlich gefühlig geschmelzte Melodien zu entwickeln. Zart durften die am Pathos kraulen, in langen Repetitionsreihen schwelgen – und letztlich gern ins Dramatische kippen.

Wenn man dann sein Kopfkino dazu anknipste, hörte man das als prima Begleitmusik für Bilder von dunklen Burgen in einer Nebelnacht, sachte Gothic-Stimmungen mit geheimnisvollem Gardinenwehen. Oder so Abenteuerreisen, durchaus auch Mondfahrten, wie sie sich mal ein Jules Verne erträumt hat.

Alles Szenen also, die man sich unbedingt von einem Kerzenschein ausgeleuchtet vorstellt – und nicht von einem modernistisch pulsierenden, kalten Neonlicht.

Mehr so ein gemütvolles Flackern. Amélie hätte sich hier durchaus gut zurechtgefunden. Thomas Mauch