Weiche Regeln für hartes Zeug

RESSOURCEN Die Bundesregierung streitet darüber, wie Unternehmen für mehr Transparenz im Rohstoffhandel sorgen sollen. Diese Woche soll eine Einigung her

Was hier abgebaut wird, kann später mal im Smartphone landen Foto: Marc Hofer

von Heike Holdinghausen

BERLIN taz | Müssen Unternehmen in Europa künftig einer Behörde melden, woher sie bestimmte Rohstoffe bekommen – oder sollen sie in Eigenverantwortung für eine transparente Lieferkette sorgen? Dar­über streitet derzeit die Bundesregierung.

In dieser Woche steht in Brüssel die nächste Runde im entsprechenden Gesetzgebungsverfahren an. Diesmal muss sich der Rat positionieren. Ende vergangenen Jahres hatte die Kommission einen eher laxen Vorschlag vorgelegt, den das Europäische Parlament im Mai verschärfte. Nun ist der Rat dran und muss entscheiden, ob er der Kommission in ihrem Vertrauen in die Selbstregulierung der Industrie folgt oder die Vorschriften des Parlaments unterstützt. Wichtig ist dabei die Haltung der Bundesregierung.

Das Wirtschaftsministerium Sigmar Gabriels (SPD) setze sich für verpflichtende Maßnahmen ein, heißt es aus Regierungskreisen. Auch das Entwicklungsministerium signalisiert vorsichtige Zustimmung für eine Transparenzpflicht: „Das BMZ sieht die Möglichkeit, über die freiwillige Selbstzertifizierung hinaus zu gehen“, sagt ein Ministeriumssprecher. Damit stellt sich Minister Gerd Müller (CSU) gegen die Linie der CDU, die auf eine Selbstkontrolle der Industrie setzt. Durch mehr Transparenz in der Lieferkette will die EU verhindern, dass Geld aus Rohstoffverkäufen genutzt wird, um etwa Bürgerkriege zu finanzieren.

Die SPD-geführten Ministerien bekommen Druck aus der eigenen Bundestagsfraktion, die auf strenge Regeln setzt, ebenso wie die Opposition und Entwicklungsorganisationen.

„Die Überwachung der Lieferketten von Konfliktmineralien muss jetzt angegangen werden, um das Leid von Millionen von Menschen zu lindern“, sagt der Grüne Abgeordnete Uwe Kekeritz. Die CDU hingegen pocht auf den Koalitionsvertrag, in dem keine verpflichtenden Maßnahmen für die Industrie festgeschrieben sind.

NGOs warnen davor, nur den Kongo in den Blick zu nehmen

Die EU erfasst mit ihrer Verordnung den Handel mit den Metallen Zinn, Tantal, Wolfram und Gold. Diese sind international ins Visier von Öffentlichkeit und Politik geraten, weil sie unter anderem im Kongo abgebaut werden und dort einen grausamen Bürgerkrieg mitfinanzieren. Die USA haben deshalb den sogenannten Dodd-Frank-Act erlassen, um die Finanzquellen der Kriegsparteien auszutrocknen. Das Gesetz gilt als Vorbild für die EU-Gesetzgebung, seine Wirkungen werden aber zwiespältig beurteilt. Der Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) argumentiert, die Bürokratie durch Transparenzpflichten habe zum Boykott der betroffenen Regionen und damit zu einer Verschlechterung der Situation in den Abbauländern geführt.

Andreas Manhart, Res­sour­cen­experte des Freiburger Öko-Instituts, urteilt anders: Die deutsche Industrie habe es „verpasst, den Prozess konstruktiv mitzugestalten“. Die EU-Kommission habe ihre eher weichen Vorschriften an die Erwartung geknüpft, dass die Unternehmen auf freiwilliger Basis in eine nachhaltige Entwicklung im Kongo investierten. Das sei nicht geschehen. Entwicklungsorganisationen warnen zudem davor, nur den Kongo mit seiner äußerst schwierigen Gemengelage in den Blick zu nehmen.

Laut EU-Parlament beträfe die Regelung etwa 880.000 europäische Unternehmen. Sie verwenden die vier Metalle in etlichen Produkten: in elektronischen Bauteilen in Handys und Computern, als Stabilisatoren in Kunststoffen, als Bestandteil von Stahl in Werkzeugen oder als Halterung in Glühbirnen.