piwik no script img

Billig, billiger, Schönefeld

Lufthansa überlässt Berlin seiner Billigtochter

von Bert Schulz

Vor gut einem Jahr, als die Flughafen-Euphorie auf dem Höhepunkt war, konnte auch die Lufthansa nicht mehr an sich halten. „Wir werden die Präsenz in Berlin in einem Maß ausbauen, wie wir es noch nie auf einen Schlag getan haben“, kündigte Vorstand Carsten Spohr Ende 2011 an. 38 Ziele statt bisher acht, Investitionen von 60 Millionen Euro – das Programm klang vielversprechend. Offenbar wollte die größte deutsche Fluglinie die Hauptstadt nicht ganz dem Konkurrenten Air Berlin überlassen.

Eine Woche nach der vierten Verschiebung der Eröffnung erklärt die Lufthansa nun, Berlin nur noch mit ihrer Billigtochter Germanwings zu bedienen. Der stolze Kranich zieht es vor, nur noch München und Frankfurt anzusteuern – Städte, auf die hiesige Landespolitiker gern herabblicken. Der Zeitpunkt der Ankündigung hat dabei wenig mit dem aktuellen BER-Debakel zu tun: Schon die jüngste Berlin-Expansion wurde von Germanwings übernommen. Angesichts des harten Wettbewerbs macht es Sinn, diese Unternehmensstrategie fortzusetzen.

Kratzer am BER-Image

Trotzdem muss der Abflug der Lufthansa die Flughafengesellschaft und die Politiker in deren Aufsichtsrat schmerzen: Es ist ein weiterer Kratzer im ramponierten Image des vermeintlichen Renommeeprojekts. Neu-Schönefeld wird, was Alt-Schönefeld schon lange ist: eine Landebahn für Pfennigfuchser.

Zudem macht der Rückzug noch mal deutlich, wie stark der Erfolg des BER – falls er je fertig wird – auch vom Erfolg von Air Berlin abhängt. Dummerweise streicht die defizitäre Fluglinie gerade zehn Prozent ihrer Stellen. Schönefeld bleibt eine Zitterpartie – aus vielen Gründen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen