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Einblick (590)

Sophie Reinhold, Künstlerin

taz: Welche Ausstellung in Berlin hat Sie/dich zuletzt an- oder auch aufgeregt? Und warum?

SR: Anne Imhof, die aktuelle Preisträgerin des Preises der Nationalgalerie, im Hamburger Bahnhof. Ihre Rauminstallation hat mich sehr bewegt, nicht nur inhaltlich. Sie schafft es, einen Raum zu komponieren, in dem alle künstlerischen Mittel bedient werden, sei es Malerei, Skulptur, Performance. Zusammen werden sie ein Bild, oder wie sie sagt: Das Stück wird zum Tanz, im eigenen Kopf. Nicht zu didaktisch und ohne vorgegebene Konturen findet ein Gedankenaustausch zwischen Betrachter und Bild statt. Sie inszeniert Zeit,und ich bewege mich gerne zu nah an die Schauspieler heran, die gleichberechtigt zur Betonskulptur stehen. Es entsteht ein sehr klarer Raum mit zeitgemäßen Materialien und dem Sehen und Atmen im Jetzt. Es ist gut, dass man nicht klatschen muss, man darf bleiben oder gehen.

Welches Konzert oder welchen Klub können Sie/kannst du empfehlen?

Wann immer Linda Spjut live spielt, unbedingt anschauen!

Welche Zeitung/welches Magazin und welches Buch begleitet Sie/dich durch den Alltag?

„Blasphemische Gedanken“ von Slavoj Žižek ist ein Essay über den Islam und die Moderne, in dem Žižek die gemeinsame Grundlage des westlichen Liberalismus und des islamistischen Fundamentalismus herausarbeitet. Žižek schrieb dieses Buch als Reaktion auf die Anschläge auf die Redaktion von Charlie Hebdo. Es ist ein kurzer Text, der mir persönlich durch seine Zeitanalysen hilft, beide Positionen besser zu verstehen, vor allem nicht nur aus der westlichen Perspektive.

Zur Person

Sophie Reinhold ist 1981 in Berlin geboren.Sie hat an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig, an der Kunsthochschule Weißensee bei Antje Majewski und an der Akademie für Bildende Künste in Wien bei Amelie Wulffen studiert. 2012 war sie eine von vier Villa-Romana-Preisträgern. Sie wird vertreten von der Leipziger Galerie Tobias Naehring und unterrichtet als Gastdozentin Malerei an der Muthesius Kunsthochschule Kiel.

Was ist dein/Ihr nächstes Projekt?

Ich arbeite gerade an einem Symposium für die Villa Romana nächstes Jahr in Florenz. Grundlage dieser Arbeit ist ein Essay von Deleuze über die Hysterie als ein Zustand im Moment des schöpferischen Arbeitens. Ich habe unterschiedliche Leute, Künstler und Kritiker, gefragt, mit mir gemeinsam intuitiv und wissenschaftlich daran zu arbeiten, um sich dann mit den Beiträgen in Florenz zu treffen.

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