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Hier ist kein Platz für Flüchtlinge

AUTONOME AktivistInnen vom „Bündnis für bedingungsloses Bleiberecht“ besetzen ein leer stehendes ehemaliges Uni-Gebäude. Sie wollen ein selbstverwaltetes „Soziales Zentrum für alle“ plus Notunterkunft für Flüchtlinge gründen. Der Besitzer hat andere Pläne

Der Triumph währte nur kurz: Nach wenigen Stunden wurde geräumt Foto: Christian Mang

von Julian Rodemann

Die rote Flagge thront unübersehbar über dem Gebäude am Spreeufer. Einzelne Graffiti säumen die orangefarbenen Kacheln an den Wänden. Neben der Flagge auf dem Dach beugen sich zwei vermummte Gestalten über die Brüstung. Sie lassen ein Transparent herab: „Flucht ist kein Verbrechen – Refugees Welcome“ steht darauf.

Die beiden gehören zu einer Gruppe von linksradikalen AktivistInnen, die im Namen des „Bündnisses für bedingungsloses Bleiberecht“ am Donnerstagmorgen gegen sieben Uhr ein ehemaliges Gebäude der Technischen Universität in Charlottenburg besetzt haben. Sie erklären, hier ein selbstverwaltetes „Soziales Zentrum für alle“ einrichten zu wollen, inklusive einer Notunterkunft für 50 Flüchtlinge, und kritisieren in ihrer Erklärung die „unhaltbaren Zustände am Lageso“, aber auch die bundesdeutsche Asylpolitik.

„Es kann nicht sein, dass Menschen im Freien schlafen müssen, wenn Häuser in derselben Stadt leer stehen“, sagt der Bündnis-Sprecher Marcus Staiger auf einer kleinen Kundgebung vor dem Gebäude. Wie viele Menschen an der Besetzung beteiligt sind, bleibt unklar – die AktivistInnen sprechen von etwa 40 BesetzerInnen, die Polizei hingegen nur von 9 bis 10 Aktivisten.

Das Gebäude in der Englischen Straße ist seit 2007 ungenutzt. Damals hatte die TU das Haus an einen Investor verkauft, mittlerweile gehört es der irischen Immobilienfirma Cannon Kirk. Mehrfach versuchen die Aktivisten, die Firma zu erreichen, um mit ihr über die Nutzung zu verhandeln. Erst gegen Mittag bekommen sie eine irische Sekretärin ans Telefon, doch die habe sie nur hingehalten, erklärt ein Aktivist.

Die Polizei hat mehr Erfolg. „Wir haben Kontakt mit dem Eigentümer“, sagt Polizeisprecher Klaus Reichert um zwölf Uhr. Doch die Firma wolle nicht mit den Besetzern sprechen, heißt es. Stattdessen wedeln die Beamten bald mit einem Blatt Papier durch die Luft – eine Strafanzeige wegen Hausfriedensbruchs. Alle vor Ort wissen, was das bedeutet: Die Räumung steht kurz bevor. „Statt Polizisten mit Helmen brauchen wir Heime mit Betten“, skandieren die Demonstranten. Etwa 50 Beamte schirmen seit den Morgenstunden das Gelände ab.

Marcel Göbel ist einer der Demonstranten vor der Unterkunft. Seit fünf Wochen packe er vor dem Lageso mit an, erzählt er, kümmere sich um die wartenden Flüchtlinge. Die Politik versage dabei, den Flüchtlingen zu helfen: „Immer noch müssen Menschen am Lageso draußen schlafen“, sagt Göbel.

Der Abriss steht fest

Um 13.30 Uhr trifft Jens Gallinge ein. Er ist der Hauswart des Gebäudes und vertritt die Eigentümer. Gallinge überbringt den AktivistInnen schlechte Nachrichten: „Seit eineinhalb Jahren steht fest, dass das Haus nächsten Monat abgerissen wird.“ Außerdem gebe es keine Heizung mehr. Staiger von der Demo versucht mit Gallinge zu verhandeln. „Man könnte doch eine vorübergehende Notunterkunft einrichten – nur für den Winter.“ Doch der Hauswart bleibt hart. Das Haus werde abgerissen, da sei nichts zu machen.

Um 14 Uhr erklärt die Polizei: Wenn das Haus in fünf Minuten nicht leer sei, werde es geräumt. Staiger informiert die AktivistInnen auf dem Dach per Lautsprecher. „Wir werden keinen Widerstand leisten“, ruft einer von ihnen zurück. Kurz darauf tragen die Polizisten fünf Männer und eine Frau aus dem Haus, sie werden zur Personalienfeststellung mitgenommen. Auf dem Dach sind Helme von Polizisten zu erkennen. Sie hängen die Transparente ab. Auch die rote Flagge nehmen sie mit. Am Abend sollte anlässlich der Besetzung eine Demonstration stattfinden – vorbei am Lageso.

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