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PortraitDie Denunzierte

Im Datenspeicher der Polizei: Kerstin Rudek Foto: dpa

Dass sich AtomkraftgegnerInnen aus dem Wendland in den Datenspeichern des niedersächsischen Landeskriminalamtes wiederfinden, sind sie schon gewöhnt. Jetzt hat die langjährige Vorsitzende der Bürgerinitiative (BI) Umweltschutz Lüchow-Dannenberg, Kerstin Rudek, eine Auskunft erhalten, die über das gewohnte Maß hinaus bedenklich erscheint.

Wie die Bürgerinitiative mitteilte, finden sich in der Datenbank Inpol vier Einträge über Rudek. Dort speichert die Polizei Angaben über Straftaten, Beschuldigte und potenzielle Straftäter. Drei der Einträge zu Rudek stehen nach Angaben der Initiative im Zusammenhang mit der Teilnahme an Demonstrationen, bei denen Rudek zum Teil auch als Anmelderin aufgetreten war.

Der vierte Eintrag gehe auf eine Denunziation zurück, nach der Rudek im NDR zum „Schottern“ aufgerufen haben soll, also zur Sabotage des Gleisbetts an der Bahnstrecke zum atomaren Zwischenlager in Gorleben. Weil Rudek als BI-Vorsitzende zum Schottern aufgerufen haben soll, habe das Finanzamt ein Verfahren zum Entzug der Gemeinnützigkeit gegen die BI eingeleitet. Das Finanzamt habe den Radiobericht nicht vorher selbst ausgewertet. „Das zeigt, dass das Finanzamt gegen die BI zu einem vorschnellen Ermittlungsverfahren bereit ist“, kritisierte der Anwalt der BI, Martin Lemke.

Die 1968 geborene Rudek hat ihr Leben im Wendland verbracht und dort sechs Kinder groß gezogen. Seit Jahrzehnten ist sie im Protest gegen das atomare Zwischenlager aktiv. Mit 14 ging sie auf ihre erste Anti-Atom-Demo. 2007 bis 2012 war sie die Vorsitzende der BI und hat auch danach noch Protestaktionen mitorganisiert wie den Trecker-Treck zur Kundgebung für die Energiewende im Frühjahr 2014 in Hannover.

2013 bewarb sie sich als Kandidatin der Linken für ein Mandat im niedersächsischen Landtag. Die Linke verpasste den Einzug in den Landtag. Der Versuch Rudeks, sich in den Landesvorstand der Linken wählen zu lassen, scheiterte.

Die Aufforderung zum Schottern kam, wie sich herausstellte, übrigens nicht von Rudek. Der NDR hatte eine andere Frau interviewt. Das Verfahren wurde eingestellt, allein: Die Daten sind noch gespeichert. KNÖ

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