: Der Bart des Erfolgs
Bundesliga Eine Symbolfigur bei Darmstadt 98: Marco Sailer, bärtiger, vegan lebender Kämpfertyp
DARMSTADT taz | Marco Sailer ist an diesem Dienstagmorgen umgeben von Stangen, Hütchen und Ringen. Am Stadion am Böllenfalltor steht eine Stabi-Einheit auf dem Programm – Koordination und Konzentration wird trainiert. Die Neuen tun sich schwer mit den Parcours-Übungen, die Altgedienten kennen das schon. Sie geben nicht nur beim Training noch den Takt an.
Sieben Neuzugänge hat der Aufsteiger mittlerweile verpflichtet, aber trotzdem standen zum Auftakt gegen Hannover (2:2) acht Aufstiegshelden in der Startelf. Die Symbolfigur unter ihnen ist Marco Sailer. Und dessen Markenzeichen: der mächtige Bart. Seit November 2014 wuchert der nun schon.
„Der macht mich nicht attraktiver“, gab Sailer früh zu, aber spätestens mit dem Aufstieg geht der Bart auch als Glücksbringer durch. Der 29-Jährige ist zudem der Publikumsliebling, weil er die Urtugenden des laufintensiven, zweikampfbetonten Stils verkörpert, mit dem die „Lilien“ nun auch am Samstag auf Schalke erfolgreich sein wollen.
Der aus Schwäbisch-Hall stammende Sailer hält es selbst für unverzichtbar, den „harten Kern“ nicht zu verprellen. „Hier hat sich ein gewisses Gerüst gebildet.“ Der 1,71-Meter-Mann changierte lange zwischen den Ligen zwei und drei, ehe er vor zwei Jahren beim 1. FC Heidenheim ganz ausgemustert wurde. Er hielt sich allein fit. „Du läufst einsam durch den Wald. Das macht dich ein bisschen fertig.“
Für den Durchbruch brauchte es den Anruf aus Darmstadt. „Nach dem ersten Probetraining habe ich sofort zugesagt.“ Das Gefühl, gebraucht zu werden, war wichtiger als eine moderne Umkleide oder ein perfekter Trainingsplatz. Sailer zog die Anhänger schnell auf seine Seite.
Ligaübergreifend sind ihm bei 59 Einsätzen zwar nur drei Treffer geglückt, aber seine Entwicklung ist beachtlich. Wie so viele Darmstädter Profis lebt Sailer höchst professionell. „Meine Freundin hat mich dazu gebracht, Veganer zu werden.“ Selbst bei einem Grillabend komme nur Tofu auf den Tisch. Fünf Kilo hat er so zuletzt abgenommen.
Das krause Erkennungszeichen um den Mund wird derweil sorgsam gepflegt: mit Shampoo, Bartöl und Glätteisen. Allerdings soll der Bart demnächst ab – weil er störend sei, wenn es nasser und kälter werde. In Darmstadt jedenfalls wird man den Glücksbringer vermissen. Frank Hellmann
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen