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Der WochenendkrimiPlatt gewalzt

„Tatort: Tod auf der Walz“, So., 20.15 Uhr, ARD

Drei Jahre lang hätte er sich nicht näher als 50 Kilometer seinem Heimatdorf Wurmannsreuth nähern dürfen, jetzt kommt er doch schon nach ein paar Wochen zurück. Im Sarg. Der junge Zimmermannsgeselle Mario wurde auf der Walz ermordet, Verdächtige gibt es gleich eine ganze Hand voll. Batic (Miroslav Nemec) und Leitmayr (Udo Wachtveitl), die Milieuforscher unter den „Tatort“-Kommissaren, müssen sich erst mal in den Verhaltenskodex und das Idiom der Handwerker einarbeiten. Denn die Schächte, also die Bruderschaften, in denen sich die Gesellen organisieren, sind verschworene Gemeinschaften. Zum Glück ist „Tod auf der Walz“ (Buch: Markus Fenner) kein Volkshochschulkurs zu Zimmermannszunft und Tippelei geworden. Regisseur Martin Enlen hat ja schon letztes Jahr im BR-Tatort „Vorstadtballade“ bewiesen, wie man einen volkstümlichen Nachbarschaftskosmos in seiner ganzen Widersprüchlichkeit in Szene setzt; damals ließ er einen Alpengesangsverein eine wunderbare Version der „Internationalen“ intonieren. Auch in der aktuellen Episode zeigt er das Ineinanderwirken von Tradition und Moderne und leuchtet das rustikale Soziotop in seiner ganzen Komplexität aus.

Dass sich aus dieser Brauchtumsstudie dann schließlich noch ein dringliches Krimidrama entwickelt, ist natürlich auch den Schauspielern zu verdanken. Elmar Wepper als Vadder, also als Herbergsvater des wandernden Jungvolks, entwickelt eine verstörende Intensität. So ist „Tod auf der Walz“ (trotz kleiner dramaturgischer Hänger) eine stimmungsvolle Milieubesichtigung geworden. Zuschauern außerhalb des Freistaats sei jedoch dringend empfohlen, sich vor dem Fernsehabend nicht nur ins Vokabular der Tippelbrüder und Tippelschicksen einzulesen, sondern auch ihr Grundwissen in Bajuwarisch zu überprüfen. C. BUSS

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