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Die Mutter der Fraktion

Handball liebt sie, wer hätte das gedacht. Aber ohnehin wird Johanne Modder leicht unterschätzt. Und das ist gefährlich: Ihr Talent als Strippenzieherin bewies die neue SPD-Fraktionsvorsitzende im niedersächsischen Landtag erstmals in der Swantje-Hartmann-Affäre.

Das war nach der Wahl 2008. Modder fand die Delmenhorsterin überbewertet. Dem Rest galt die blonde Freundin des seinerzeitigen Parteichefs Garrelt Duin als DAS politische Talent der SPD. Mittlerweile ist das blonde Talent Expolitikerin und kurz als zweite CDU-Garnitur für die Oberbürgermeisterwahl in Hannover im Gespräch gewesen. Modder aber ist SPD-Chefin in Weser-Ems und obenauf im Landtag, wer hätte das gedacht.

Gestern hat die Fraktion sie gewählt. Das ist gerecht, auch wenn die 51-jährige Mutter zweier erwachsener Kinder mit gut-friesischen Namen eine geschliffene Rhetorikerin nie sein wird: Wendungen wie „das ist mir wumpe“ gehören zum Repertoire ihrer Reden, nicht nur als Antworten auf Zwischenrufe. Ihre rechte Hand umklammert oft das Pult, als hätte sie Angst vorm Absturz. Und nachdem sie 2011 Fraktionsgeschäftsführerin wurde, hat sie im Plenum fast nichts mehr gesagt.

Aber den Posten verdient sie: Aufgewachsen ist sie mit sechs Geschwistern im Flecken Bunderhee im Rheiderland, dann ging’s über Bunde bis nach Leer – und wieder: Bunde. Dort hat sie sich bis ins Hauptamt hochgeschuftet. Diesen Gipfel mit 30 just erreicht, wird ihre Mutter zum Pflegefall. Modder lässt den Job sausen, kümmert sich um sie, genau wie, neun Jahre drauf, um die sterbende Schwester.

Einem SPD-Netzwerk gehört sie nicht an, zählt aber, Hartz-Kritikerin und Kämpferin fürs NPD-Verbot, zum linken Flügel. Parteimitglied ist Modder laut Website der SPD-Ostrhauderfehn seit 1896. Vermutlich ist das ein Zahlendreher. Aber der trifft was. Denn Modder wirkt ja echt, als umwehe sie der Gründungs-Odem. Wie eine wahre Genossin eben – und vielleicht gar die letzte.  BENNO SCHIRRMEISTER

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