kommentar: Jean-Philipp Baeck ÜBER POPULISTISCHE SPD-VORSTÖSSE
: Vermischung mit System

Nur bleiben zu dürfen, wenn man einen Job hat, untergräbt das Asylrecht

Was Olaf Scholz da angestoßen hat, ist unsäglich: In einem Atemzug schlug Hamburgs SPD-Bürgermeister eine Art neues Anwerbeabkommen für die Westbalkan-Staaten vor und will gleichzeitig die Liste der „sicheren Herkunftsstaaten“ um Kosovo und Albanien erweitern. Damit wird Asyl- und Einwanderungspolitik vermischt – und das hat verheerende Folgen.

Nicht, weil so etwas wie ein neues Anwerbeabkommen für Westbalkan-Staaten per se eine schlechte Idee wäre – denn legale Möglichkeiten, die die Freizügigkeit erweitern, sind immer zu begrüßen und manch einem gut ausgebildeten Kosovo-Albaner könnte das auch nützen. Sondern, weil dieser scheinbar liberale Vorschlag in einem restriktiven Kontext steht und auch so gemeint ist: Die Asylzahlen sollen dadurch abnehmen. Doch nur bleiben zu dürfen, wenn man einen Job hat, untergräbt das Asylrecht.

Indem Scholz kein Wort über die schlimme Situation der Roma in den westlichen Balkanstaaten verliert, schürt er das Ressentiment, alle Menschen aus dem Kosovo oder aus Serbien kämen nur aus wirtschaftlichen Gründen. Zumindest aus Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina fliehen aber hauptsächlich Roma. Und zwar: vor Angriffen und Diskriminierungen aus rassistischen Gründen.

Hier auf die geringen Anerkennungszahlen in Deutschland zu verweisen, ist ein populistischer Zirkelschluss: Dass in Deutschland die multiple Diskriminierung der Roma in ihren Herkunftsländern ignoriert wird, ist ein Skandal und kein Argument.

Ein Blick auf die Schweiz, Finnland oder Frankreich macht das Missverhältnis sichtbar: Mindestens jeder dritte Asylbewerber aus Serbien oder dem Kosovo wird dort anerkannt. Selbst vom nahen Bremen könnte Hamburg sich eine Scheibe abschneiden. Bis heute gilt, was SPD, Grüne und Linke hier 2010 beschlossen haben: Dass Roma aus dem Kosovo nicht zurückgeführt werden sollen.