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„Hier wird verschleiert“

Prozess Foodwatch will, dass Unilever über die Nebenwirkungen von Margarine spricht

Oliver Huizinga

Foto: privat

30, der Medienmanager ist bei Foodwatch als Campaigner für die Kennzeichnung von Lebensmitteln verantwortlich.

taz: Herr Huizinga, worum geht es Foodwatch im Prozess gegen die Margarine Becel pro-activ von Unilever?

Oliver Huizinga:Unilever behauptet, dass es bei dieser Margarine, der Pflanzensterine zugesetzt sind, keinen Hinweis auf Nebenwirkungen gebe. Es gibt aber ganz viele Studien, die Hinweise auf Nebenwirkungen zeigen. Darum wollen wir die Aussage untersagen lassen.

Was ist so besonders an dieser Margarine?

Es ist eine Art Cholesterin-Medikament in Lebensmittelform.

Und was ist schlecht daran?

Es ist nicht belegt, ob wirklich weniger Herzkrankheiten eintreten. Im Gegenteil. Dieser Wirkstoff steht im Verdacht, Herzkrankheiten fördern zu können. Das verschleiert Unilever, wenn es einen Professor zitiert, der sagt, es gebe keinen Hinweis auf Nebenwirkungen.

Wieso haben Sie in erster Instanz verloren?

Das Landgericht hat das Produkt nicht bewertet, sondern einfach entschieden, dass die Aussage von Unilever eine Meinung und keine Tatsachenbehauptung ist. Und eine Meinung darf ein Unternehmen haben.

Sie sehen das anders?

Wenn ein Unternehmen sich auf einen Professor beruft, der wissenschaftliche Autorität ausstrahlt, und behauptet, ein Produkt ist sicher, muss ich als Verbraucher wissen, ob diese Aussage wahr oder falsch ist.

Was befürchten Sie?

Wenn das Schule macht, haben Verbraucher ein Problem. Dann können Unternehmen sich irgendwelche Professoren nehmen, die irgendwas behaupten und am Ende ist alles nur Meinung. Das kann nicht sein.

Rührt aus dieser Empörung Ihre Forderung, diese spezielle Margarine sollte es nur auf Rezept geben?

Das ist kein normales Lebensmittel. Es enthält einen hochkonzentrierten Wirkstoff und ist nur für Patienten mit bestimmtem Risikoprofil gedacht. Um massenhafte Selbstmedikation mit ungewissem Ausgang zu verhindern, müssten solche Produkte vom Arzt verschrieben werden.

Sie wollen also ein arzneimittelrechtliches Zulassungsverfahren?

Letztlich ja, dann müsste es eine andere Tiefe wissenschaftlicher Forschung geben. Denn nur weil ich durch ein Produkt eventuell den Cholesterinspiegel senke, heißt das nicht automatisch, dass ich das Herzinfarktrisiko senke. In dem heute beginnenden Verfahren geht es aber darum, Unilever daran zu hindern, Risiken zu verschleiern, und darum zu verhindern, dass dieses Verfahren Schule macht.

Interview: ILK

Foodwatch gegen Unilever: 11.30 Uhr, Hanseatisches Oberlandesgericht, Sievekingplatz 2