Energiewende mit Atomkraft

RESSOURCEN Frankreich möchte seinen Energieverbrauch bis 2050 halbieren und mehr Strom aus erneuerbaren Quellen produzieren. Elektrofahrzeuge massiv gefördert

Gefährlich schön: das Kernkraftwerk Cattenom Foto: Karaba/epa

von Rudolf Balmer

PARIS | Die französischen Abgeordneten haben ein Gesetz mit ehrgeizigen Zielsetzungen zur Energiewende bis ins Jahr 2050 definitiv verabschiedet. Mit dieser Gesetzgebung, die Staats­präsident Hollande als Markstein seiner Amtszeit betrachtet, möchte Frankreich in Hinblick auf die Pariser Klimakonferenz im Dezember bei der Verminderung der Treibhausgase und der Energieeffizienz mit dem guten Beispiel vorangehen.

Die dabei federführende sozialistische Umweltministerin Ségolène Royal hat dazu stolz erklärt, ihr Land habe damit nunmehr das „fortschrittlichste Energiegesetz unter den Industrieländern“. Was in Sachen Umwelt- und Energiepolitik der Regierung nicht oft vorkommt: Auch die französischen Grünen von Europe-Ecologie-Les Verts spenden Beifall für den großen Sprung nach vorn.

Sehr ambitiös sind zumindest die großen Zielsetzungen dieser Energiewende: Bis 2030 soll der Gesamtenergieverbrauch im Vergleich zu 2012 um 30 Prozent reduziert und bis 2050 sogar halbiert werden. Dabei soll vor allem der Anteil der fossilen Energieträger innert 15 Jahren um 30 Prozent zurückgehen. Besonders beachtet wird auch die bereits mehrfach von Präsident Hollande angekündigte Reduktion des Anteils der Kernenergie von 75 auf 50 Prozent der Stromerzeugung in lediglich zehn Jahren.

Der Anteil der erneuerbaren Energien soll dagegen bis 2030 auf 32 Prozent ansteigen. Berechtigterweise darf allerdings die Frage gestellt werden, wie die Atomhochburg Frankreich in so kurzer Zeit diese Weichenstellung zu alternativen Energiequellen verwirklichen und finanzieren kann.

Sehr konkret dagegen wird das Elektromobil im Verkehr gefördert. Staatliche Betriebe und Verwaltungen müssen schon ab 2020 mindestens zur Hälfte „saubere“ Fahrzeuge anschaffen; die privaten Automobilisten erhalten Prämien für das Umsteigen von Dieselfahrzeugen auf Elektromobile und auch für die Einrichtung von Ladestationen für Elektrobatterien.

Hausbesitzer sollen zur Dämmung der Gebäude verpflichtet werden

Ministerin Royal ist stolz auf ihre Kombination zwischen einschneidenden Auflagen und ­finanziellen Anreizen. Die Wärmeisolierung der Wohnungen wird obligatorisch, umgekehrt bietet die Regierung den Haushalten dafür attraktive Kredite und Steuererleichterungen an.

Das Gesetz nimmt die Bürger gerade bei der thermischen Sanierung in die Pflicht. Ab 2025 müssen alle Wohnungen, die mehr als 330 kWh pro Jahr und Quadratmeter verbrauchen, renoviert werden, sonst können sie ab 2030 nicht verkauft werden. Von diesem gigantischen Sanierungswerk verspricht man sich entsprechend viele Aufträge für französische Firmen und damit verbundene Arbeitsplätze. Energie sparen ist rentabel.

Die Deutsche Energie-Agentur (Dena) begrüßt das Gesetzespaket zur französischen „transition énergétique pour la croissance verte“. „Das Gesetz zur Energiewende ist ein Meilenstein für die französische Energiepolitik, aber auch für die deutsch-französische Zusammenarbeit in diesem Bereich: weniger Atomenergie, mehr erneuerbare Energien, eine Steigerung der Sanierungsrate und eine Fokussierung auf die Elektromobilität – all dies sind Punkte, die auch in Deutschland im Fokus der Energiepolitik stehen“, betonte Andreas Kuhlmann, Vorsitzender der Dena-Geschäftsführung. In Zukunft könne es auch deutsch-französische Leuchtturmprojekte geben.