Jetzt auch der Goldpreisin der Krise

Märkte Der starke Dollar und niedrige Inflation zwingen den Preis für das Edelmetall in den Keller

Auch als Barren hübsch, aber keine gute Geldanlage: Gold Foto: reuters

BERLIN taz | Gold ist so billig wie seit Langem nicht mehr. Nach einem spektakulären Preissturz am Montag auf 1.088 Dollar je Unze hat sich der Wert zwar wieder stabilisiert und die psychologisch wichtige Grenze von 1.100 Dollar je Unze übersprungen. Aber er ist weit entfernt von dem Allzeithoch von knapp 1.900 Dollar, die die Feinunze im September 2011 kostete. Die Feinunze entspricht 31,1 Gramm.

Die globale Nachfrage nach Gold ist rückläufig. Wie auf allen Märkten hängt der Preis nicht nur von rational handelnder KäuferInnen und VerkäuferInnen ab. „Es gibt in der nüchternen Welt der Ökonomie auch Modewellen“, sagt Volker Hofmann, Volkswirt des Bankenverbandes. Gold zu kaufen ist im Moment nicht hip. „Auf den Märkten gibt es oft sich selbst verstärkende Momente“, sagt er. Die Preise steigen und steigen – oder fallen und fallen. Das ist der berühmte Herdentrieb der Finanzmärkte.

Der Goldpreis befindet sich schon länger im Sinkflug. Das Edelmetall gilt als Krisenwährung und als Inflationsschutz. Denn wenn das Geld seinen Wert verliert, bleibt der des Goldes erhalten. In der Finanzkrise 2008 und in den ersten Jahren danach stieg die Nachfrage nach Gold, weil Anleger fürchteten, dass die Geldschwemme der Notenbanken zu Inflation führen würde. Doch das ist nicht eingetreten, die Turbulenzen der Finanzkrise haben sich weit­gehend gelegt. „Im Moment sind die Marktteilnehmer davon überzeugt, dass keine Inflation droht“, sagt Hofmann.

Die Technik begünstigt fallende oder steigende Kurse. Computerprogramme sind so programmiert, dass sie ab einem bestimmten Preis Käufe oder Verkäufe veranlassen. „Aber das sind nur kurzfristige Effekte“, sagt Hofmann.

Längerfristige Auswirkungen auf den Preis hat die nachlassende traditionelle Nachfrage in Indien und vor allem China. In China haben viele Anleger ihr Geld in Aktien gesteckt – was sie angesichts des aktuellen Crashs bereuen dürften. Unter Druck kommt der Goldpreis auch durch den starken Dollarkurs. Gold wird in Dollar gehandelt. Je teurer der Dollar wird, desto höher ist der Goldpreis für Anleger, die in anderen Währungen zahlen. Der Dollar steigt im Wert, weil Anleger erwarten, dass die US-amerikanischen Notenbank Fed die Zinsen anhebt.

Auch wegen des niedrigen Preises, vor allem aber aus Verunsicherung durch die Eurokrise erwägen zunehmend Privatleute, ihr Geld in Gold zu investieren. Bei der Verbraucherberatung Hamburg steigt die Zahl der Anfragen zu dieser Anlage. „Die Leute glauben, das ist eine sichere Geldanlage“, sagte Anke Puzicha, Geldanlageexpertin der Verbraucherzentrale Hamburg. Doch Kapital in Gold zu stecken hat mehr Nachteile als Vorteile, warnt sie. „Aber manche Menschen können einfach besser schlafen, wenn sie einen Teil ihres Geld in Gold investieren“, sagt sie.

Doch sie müssen möglicherweise „Angstgeld“, wie Puzicha es nennt, zahlen. Erstens ist der Ankauf teurer als der Verkauf, die Gebühren fressen immer einen Teil der potenziellen Gewinne auf. Wenn es die denn überhaupt gibt. Privatanleger, die in Geld investieren wollen, sollten sich darüber im Klaren sein, dass sie auf den Preis spekulieren. Denn sie bekommen keine Zinsen. Und sie spekulieren nicht nur auf den Goldpreis: Weil Gold in Dollar gehandelt wird, ist der Kauf auch eine Währungsspekulation. Gleichzeitig sind Anleger mächtigen Akteuren ausgeliefert. „Die Goldpreise sind manipulierbar“, sagt Puzicha. Großinvestoren oder politische Entscheidungen wie die Erhöhung der Goldsteuer können den Preis drücken. Anja Krüger