Goethe-Plakette für Sven Väth: Der „Babba“
Sven Väth erhält die Goethe-Plakette der Stadt Frankfurt. Das Erbe des Techno verwalten dort heute längst andere.
Im letzten Jahrhundert gab es einen Wettstreit zwischen Berlin und Frankfurt um den Status der Hauptstadt des Techno. Berlin entschied das Rennen alsbald für sich. Nun doppelt Frankfurt mit einem ganzen Paket an kultureller Aufarbeitung nach.
Rewind: 2005 eröffneten zeitgleich das Berghain in Berlin und der Cocoonclub in Frankfurt. Heute ist das Berghain eine weltweite Nachtleben-Marke. Der Cocoonclub von Sven Väth hat dagegen 2013 dichtgemacht. „Babba“, wie Väth in Frankfurt gerne genannt wird, lebt mittlerweile abwechselnd in London und auf der Partyinsel Ibiza. Doch vielleicht hat sich diese Tatsache noch nicht bis in den Frankfurter Römer herumgesprochen.
Jedenfalls verleihen die Stadtoberen um Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) am Freitag Sven Väth die Goethe-Plakette. Die Verdienste des 50-Jährigen um den Aufbau der elektronischen Musikszene sind unbestritten. In seiner Heimatstadt nehmen ihm allerdings viele die Tatsache übel, dass er die Insolvenz seines Clubs auf das angegliederte Edelrestaurant abgewälzt hat. Mit dem Cocoonclub ist jedenfalls der Versuch gescheitert, die Tradition der Frankfurter Technoclubs wiederzubeleben.
Die Profiteure sitzen wenige Kilometer entfernt in Offenbach. Ihr Club „Robert Johnson“ ist der einzige Lichtblick in der Rhein-Main-Region, einst stolze Heimat von Clubs wie Dorian Gray im Frankfurter Flughafen, „XS“, „Omen“ oder dessen Nachfolger „U 60311“.
Robert-Betreiber Athanassios Macias (alias DJ Ata) ist das einerlei: „Wir verzeichnen zwar nicht so viele Techno-Touristen wie Berlin“. Aber, fügt er hinzu: „Gerne würde ich den Berlinern mal zeigen, wie man auch anders ,Club‘ machen kann.“ Momentan beherbergt Ata ein Filmteam. „Denk ich an Deutschland in der Nacht“ heißt die Techno-Doku, die Regisseur Romuald Karmakar im Robert Johnson dreht. Der gebürtige Hesse will damit die Bedeutung von Rhein-Main für Techno hervorheben.
Als Protagonisten hat er neben Ata die Produzenten Roman Flügel und Ricardo Villalobos ausgewählt. Beide haben ihre Karrieren bei „Babba“ Väth gestartet, zu einer Zeit, als dessen Club „Omen“ noch Technofans von weither angezogen hat. Villalobos brachte seine Bongos mit und trommelte die ganze Nacht. Als seine DJ-Karriere in Gang gekommen war, zog er nach Berlin.
Technomuseum
Unterdessen haben zwei andere Frankfurter Pioniere ein Vorhaben publik gemacht: Andreas Tomalla alias DJ Talla 2XLC (Macher des „Dorian Gray“) und Alex Azary (einst Club „XS“) wollen in den Räumen des Kindermuseums an der Hauptwache 2017 ein Technomuseum eröffnen: „Museum Of Modern Electronic Music“ soll es heißen, kurz: Momem.
Den Segen der Kommune Frankfurt haben sie bereits. Mitinitiator Tomalla, seit fünf Jahren Träger der Ehrenplakette der Stadt, versteht sich gar als Erfinder des Begriffs Techno: „Wir waren früher dran als die Produzenten in Detroit.“
Starker Tobak, das findet auch der Produzent Christian Rindermann alias DJ C-Rock. „Viele Bezugspunkte sind in Frankfurt längst verschwunden, genau wie die DJs nach Berlin abgewandert sind.“
Ranschmeiße an Väth und Konsorten
Achim Szepanski, der jahrelang im Frankfurter Untergrund legale und illegale Raves veranstaltet hat und bis 2005 auch die Labels Force Inc. und Mille Plateaux betrieb, kritisiert die Ranschmeiße an Väth und Konsorten: „Frankfurt will dadurch nur sein Städteranking verbessern.“ In Szepanskis Onlinemagazin NON liest man stattdessen mehr über die Technostadt Detroit.
Highlight des Technomuseums Momem soll übrigens eine begehbare Discokugel werden. Womöglich entsteht ja auch noch ein Wachsfigurenkabinett der Frankfurter Technoikonen, inklusive Kopie von Sven Väth.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen