Geld wie Wasser

DOKU Die Geschichte eines Bankenskandals in der ARD (22.45 Uhr)

Nein, dieser Dokumentarfilm („Falciani und der Bankenskandal“) will nicht an „Citizenfour“ anknüpfen, jene Oscar-prämierte Hagiografie über Whistleblower Edward Snowden. Es war dem britischen Autor und Regisseur Ben Lewis wohl schnell klar, dass sich der Banker Hervé Falciani nicht für die Heldenrolle eignet, so sehr er sie auch beansprucht: „Bin ich ein Dieb? Ich habe gegen eine Regel verstoßen, aber im Bewusstsein, dass diese Regel gegen die Interessen der Allgemeinheit verstößt.“

In diesem Bewusstsein – und in Kenntnis der in Deutschland für „Steuer-CDs“ bezahlten Millionen – hat er versucht, die Daten über die 100.000 Nummernkonten, die er eigentlich besser hatte schützen sollen, die er seinem Arbeitgeber, der Großbank HSBC aber lieber entwendet hat, zu Geld zu machen. Vergeblich – die US-Steuerbehörden wollten seine Hilfe nicht einmal geschenkt: „Er wollte in den Medien auftreten. Das ist das Letzte, was wir uns von einem Informanten wünschen.“ Ein französischer Staatsanwalt hatte mehr Verständnis für Falciani, den Lewis als geschmeidigen Filou vorführt, der sich in der Rolle des arglosen Weltverbesserers gefällt, die ihm aber kaum jemand abnimmt. Er selbst spielt in der Doku aber auch nur eine Nebenrolle – die Hauptrolle besetzt der Bankenskandal.

Falciani, das immerhin ist sein Verdienst, hat die Ereignisse, die das Ende des Steuergeheimnisses bewirken sollten, deren Chronologie der Film anschaulich und ländervergleichend rekapituliert, mit seiner Indiskretion ins Rollen gebracht. Ben Lewis hat aber mit sehr viel mehr Leuten gesprochen. Zum Beispiel mit Peer Steinbrück, der nicht mit Eigenlob spart, wenn er an seine Zeit als Finanzminister denkt.

Am Ende steht der Aphorismus des ehemaligen Schweizer Finanzministers Hans-Rudolf Merz, dem bei aller Melancholie über das Ende des Steuergeheimnisses ein Trost bleibt: „Das Geld istwie Wasser. Es fließt überall dorthin, wo es Ritzen hat.“

Jens Müller