B-Note
: Mein Quartier,dein Quartier

KOMMUNARDEN Dass die Fifa gegnerische Mannschaften zusammen im Hotel wohnen lässt, ist gelebter Humanismus

Die Frauen leben in einer Wohngemeinschaft. Die Fifa als Herbergsvater hat bei der WM die jeweils konkurrierenden Teams in ein und dasselbe Hotel gepackt. Dort konnten sich die Spielerinnen am Frühstücksbuffet übern Weg laufen, im Lift oder an der Bar. Man taxierte und beäugte sich. Doch nur selten nutzte eine Kickerin die Nähe, um sich in der Kunst der psychologischen Kriegführung zu üben. Derbe Sprüche und dumme Anmachen hat es kaum gegeben. Diese Chance haben die Fußwerkerinnen verpasst!

Wie wäre es wohl gewesen, wenn bei einem ähnlichen Belegungsplan der Chilene Arturo Vidal vor einem Knock-out-Match auf den Kolumbianer Juan Zuñiga getroffen wäre? Auf derlei vielversprechende Feldversuche in Lounge-Landschaften verzichtet die Fifa leider, weil man nie so recht weiß, was in einer WG alles passieren kann. Die Herren Profis sind ohnehin einen anderen Standard gewöhnt. In diesen Sphären baut man sich für Mil­lionen ein eigenes Quartier oder bucht gleich ein komplettes Hotel. So bleibt man schön unter sich und genießt die wohlige Isola­tion während einer WM.

Doch zurück zu den Normal­sterblichen des Fußballs: Die Deutschen wohnen vorm Viertelfinale am Freitag im selben Hotel wie die Französinnen. So etwas gehe gar nicht, echauffierte sich jüngst ein TV-Moderator recht brav; seinen Wortschwall legte er über Spielszenen der Partie Schweden – Deutschland. Und auch die einzige Frau im 55-köpfigen DFB-Vorstand, Hannelore Ratzeburg, beklagt jetzt diesen Zustand: „Das halte ich für sehr unglücklich und für ein A-Turnier nicht mehr angemessen“, sagt sie. Ein eigenes WM-Quartier für die Frauen müsse her, fordert sie. Muss es das wirklich? Die Abschottung im 5-Sterne-Resort, wie sie Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff zur Maxime erkoren hat, soll künftig auch fürs Nationalteam der Frauen gelten?

Im Sinne der Gleichstellung haben Silvia Neid und Co allen erdenklichen Luxus verdient, aber man muss den DFB-Herren nicht jeden Schmarrn nachmachen. Was spricht gegen eine touristische Art des Reisens und einen Austausch mit echten Menschen: Gegnern, Hotelgästen, unvermittelt auftauchenden Journalisten. So etwas kennen die DFB-Jungs nicht mehr. Sie sollten diesen Zustand vermissen. Markus Völker