Auslandseinsätze findet die deutsche Linke böse? Na ja: Nicht, wenn sie von Putin kommen: Die trübste Tradition
German Angst
von Sonja Vogel
Einer für alle und alle für einen“ – das altbekannte Motto der Nato wiederholte Ursula von der Leyen in den letzten Wochen mantrahaft. Zuletzt bei einem Manöver vergangene Woche in Polen. Dort versicherte sie den baltischen Staaten, dass deren Sorgen „unsere Sorgen“ seien. In Deutschland allerdings steht sie damit ziemlich allein.
Nach einer Studie des US-Instituts Pew wollen 58 Prozent der Befragten nicht, dass Deutschland im Konfliktfall zwischen Russland und einem Nato-Staat zu Hilfe kommt. Das ist der Spitzenwert unter den befragten Staaten.
Für ganz ungefährlich halten die Deutschen Russland dann allerdings doch nicht: Fast zwei Drittel glauben fest daran, dass die USA im Zweifelsfall die Drecksarbeit machen werden. Auch in Europa. Wie praktisch!
Viel interessanter aber ist, dass hierzulande auch die Unterstützung für Wladimir Putin am größten ist. 40 Prozent beträgt sie in Ostdeutschland. Beinahe russische Verhältnisse!
Nach Angaben des unabhängigen Moskauer Levada-Centers hat sich die Unterstützung für Putin in Russland bei über 70 Prozent eingependelt. Erstaunlich. Schließlich war das Land nie so isoliert wie heute. Innerhalb des verhassten Westens gilt in Russland nur Deutschland als gut, nicht zuletzt wegen der indifferenten Haltung zu Krim und Ukraine.
Aber was heißt hier schon Isolation? Ohne Freunde ist Russland ja nicht, jedenfalls nicht in Deutschland. Am zahlreichsten sind die wohl in der Linken. Ihr Antiamerikanismus, das unterkomplexe Freund-Feind-Denken lässt Russland im besten Licht erscheinen. Daher kann sich Putin auf viele Linke verlassen – etwa wenn sie mit rechten Parteien wie Jobbik oder dem Front National auf Putins Einladung hin das illegale Krim-Referendum beobachteten.
Willkommen also im Club der neuen Mitte! Neben den Ostdeutschen hat nämlich eine ganze politische Bewegung ihr Herz für Putin entdeckt.
Und sie hätte keine passendere Ikone finden können als Putin: großer Macho-Führer, Held der Schwulenhasser und Familienfanatiker, linken NationalistInnen und AntikapitalistInnen. Jener, die Tabula Rasa machen wollen in einem neuen Militärbündnis. Die Mahnwachen haben diese krude Weltsicht ja schon auf die Straßen getragen.
Sahra Wagenknecht erklärte den Einmarsch auf der Krim zur „Reaktion auf eine Fehlentwicklung“. Tja, so traten viele Linke erstmals für einen Auslandseinsatz ein. Wenn auch für einen russischen. Und das Krim-Referendum? Muss man hinnehmen.
Das denkt auch Ex-SPD-Chef Matthias Platzeck. Der übrigens Chef des Deutsch-Russischen-Forums ist. In der SPD ist er nicht der einzige Freund Putins. Woher das kommt? Vielleicht aus Traditionsgründen. Die Ostpolitik war schließlich die letzte große Zeit der Partei. Auch Altkanzler Schröder, Vorsitzender im Aktionärsausschuss des vom russischen Staatskonzern Gazprom dominierten Unternehmens Nord Stream, geht ja bekanntlich bei Putin ein und aus – allerdings nur als „Privatmann“, wie Sigmar Gabriel betont. (Und Gabriel muss es ja wissen, schließlich mischte er sich einst als „Privatmann“ unters Pegida-Volk.) Und so bleibt sich die Sozialdemokratie treu, verspricht dies und tut jenes. Hat auch Tradition.
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