Frankreich: "Welt" ohne Herrschaft

Die französische Tageszeitung "Le Monde" steckt in der Führungskrise. Noch immer ist kein neuer Chefredakteur gefunden. Will den Job keiner machen?

2005 war Le Monde noch in fester Hand - und frisch renoviert Bild: ap

PARIS (taz) Die Jobbeschreibung klingt ebenso prätentiös wie verlockend: "Président du Monde" - Präsident der Welt. Vier Männer aus dem französischen Medienbusiness haben sich bei Le Monde beworben, um die Geschicke einer der einflussreichsten Zeitungen des Planeten zu managen: Drei Kandidaten aus dem Inneren der Verlagsgruppe, darunter der Le-Monde-Vize Pierre Jeantet, und als Außenseiter der frühere Chef von Paris Match, Alain Genestar. Eigentlich sollte die Entscheidung bereits am Dienstag fallen - nach zweifacher Verschiebung. Doch der Aufsichtsrat mochte sich noch nicht festlegen. Am Freitag will er erneut zusammentreten. Dabei drängt die Zeit immer mehr: Am 25. Juni will die Belegschaft über ihren neuen Chef entscheiden. Und schon am 30. Juni verlässt der alte Chef das Haus.

Jean-Marie Colombani war nach 13 Jahren an der Spitze von Le Monde am Veto seiner RedakteurInnen gescheitert. Im Mai wollte er sich noch für eine dritte Amtszeit wählen lassen, konnte aber nicht genug Unterstützung in der Redaktion mobilisieren. In der kleinen Welt der Pariser JournalistInnen, die vielfach Obrigkeitshörigkeit beweisen, sorgte die Entscheidung der Le-Monde-Redaktion für Überraschung. "Unser Kapital ist unser Image", begründete Robert Solé von Le Monde die Entscheidung, "es basiert auf Unabhängigkeit und Strenge. Und keineswegs auf der Verwechslung der Genres."

In der Ära Colombani hat das Flaggschiff des französischen Journalismus vielfach expandiert. Colombani nahm Fremdkapital auf und kaufte sich zugleich in andere Medien ein. Zuletzt setzte er eine Zusammenarbeit mit Regionalzeitungen des Rüstungsindustriellen Lagardère auf seine Agenda.

Mit dieser Expansionspolitik erwirtschaftete Colombani in den letzten sechs Jahren fast 150 Millionen Euro Verlust. Zusätzlich hinterlässt er 70 Millionen Euro in Form von rückzahlbaren Aktienobligationen. Sollte Le Monde sie nicht zahlen können, werden zusätzliche Teile der Gruppe an externe AktionärInnen gehen, darunter die spanische Prisa-Gruppe (El País) und - Lagardère.

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