Telekom-Kompromiss: "Streik hat Verdi nichts gebracht"
Die Telekom muss ihren Service-Bereich mit 50.000 Mitarbeitern verkaufen, findet Experte Torsten Gerpott.
taz: Herr Gerpott, hat sich der Telekom-Streik für Ver.di gelohnt?
Torsten Gerpott: Nein, überhaupt nicht. Dieses Ergebnis hätte Ver.di auch schneller haben können. Mittelfristig wird die Kostenersparnis für die Telekom wie geplant mindestens 500 Millionen Euro pro Jahr betragen.
Ver.di hält dagegen, dass die Telekom im letzten Jahr 3 Milliarden Euro an Dividenden ausgeschüttet hat. Das würde als Gewinn doch reichen.
Da zeigt Ver.di eben ausbaufähige ökonomische Kenntnisse. Wer bei der Telekom investiert, will auch eine Verzinsung sehen. Das ist wie bei jedem normalen Sparer, der ein Bankkonto hat. Die Bilanzsumme der Telekom liegt bei 130 Milliarden Euro. Da sind Dividenden von 3 Milliarden nicht zu viel.
Aber wird die Telekom von den reduzierten Personalkosten tatsächlich profitieren? Die Bundesnetzagentur könnte doch verlangen, dass die Telekom als Marktführer diesen Kostenvorteil an ihre Konkurrenten weitergibt.
So vereinfacht kann man das nicht sagen. Die Bundesnetzagentur sieht sich die Kostenstruktur der Telekom und ihrer Konkurrenten sehr genau an. Und es ist eine Tatsache, dass die Wettbewerber der Telekom niedrigere Löhne zahlen.
Im letzten Jahr hat die Telekom zwei Millionen Kunden verloren, im ersten Quartal 2007 waren es noch einmal knapp 600.000. Wird dieser Exodus jetzt enden?
Durch den jetzigen Kompromiss mit Ver.di sind diese Probleme nicht gelöst - sie sind nur nicht schlimmer geworden.
Was raten Sie dem Management?
Die Telekom sollte ihre Randgesellschaften in Deutschland mittelfristig verkaufen - also auch den Service-Bereich.
Aber im Ver.di-Kompromiss wurde den Service-Mitarbeitern zugesichert, dass sie nicht verkauft werden.
Aber nur bis 2010. Die Telekom muss sich auf ihre Kernkompetenz besinnen, die Netze bereitzustellen und zu betreiben. Einen Techniker vorbeizuschicken, der Ihre Telefonbuchse montiert - das können viele Konkurrenten besser.
Aber hat die Telekom überhaupt eine Chance? Sie muss die Fläche bedienen, während sich ihre Konkurrenz nur um lohnende Kunden kümmert.
Dieser Vorwurf ist unfair. Die Telekom hat ihr Flächennetz zu Monopolzeiten aufgebaut und profitiert davon heute noch.
ULRIKE HERRMANN
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