Kommentar: Der Kapitalismus schlägt zurück
Selbst Deutsche-Bank Chef Josef Ackermann warnt vor dem Anmarsch der Private-Equity-Tiger. Man muss ihnen die Krallen ziehen.
S aurer Regen und Waldbrände machen dem deutschen Wald schon lange zu schaffen. Nun könnten auch noch Heuschrecken über ihn herfallen. Doch es drohen keine surrenden Insekten, sondern Investoren aus der ganzen Welt, fürchten die deutschen Förster. Diese "Heuschrecken" sind auf der Suche nach dem schnellen Geld: investieren, plündern, weiterziehen, so ihre Masche. Angetrieben von der boomenden Weltwirtschaft grasen sie den Globus nach Rohstoffen ab.
Nicht nur die Förster sind beunruhigt: der deutsche Seelengrund, aufgekauft und abgeschlachtet für Billigimporte aus Übersee? Das trifft selbst eingefleischte Pragmatiker ins Mark. Zu den Käufern könnten neue Wirtschaftsmächte wie China oder Russland gehören. Sie ignorieren alte kapitalistische Gepflogenheiten, als noch klar geregelt war, wer ausbeutet und wer ausgebeutet wird. Wenigstens könnten sie ihren neuen Reichtum für exzessiven Luxus und überkandidelte Gagaprojekte verprassen, wie es die arabischen Ölstaaten über Jahrzehnte taten! Doch die aggressiven Newcomer versuchen nun das kapitalistische Spiel umzudrehen: Sie wollen nicht nur unsere Kunden sein, sondern gleich den ganzen Laden kaufen.
Bisher wurden westliche Heuschrecken wie Blackstone oder Cerberus von den USA und Europa als ihre Kampfhunde der Globalisierung gehätschelt. Doch spätestens seitdem China jüngst bei Blackstone einstieg, schrillen die Alarmglocken. Selbst Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann - der Revolution unverdächtig - rief letzte Woche dazu auf, den "Staatskapitalismus" dieser Heuschrecken zu bekämpfen.
Schon lange ist in England und den USA eine überfällige Debatte darüber entbrannt, wie sich den Private-Equity-Tigern die Krallen ziehen lassen. Selbst die Europäische Zentralbank fürchtet, dass das entfesselte Treiben der wilden Investoren die wirtschaftliche "Systemstabilität" gefährde. Auch Deutschland will es nun per Gesetz regulieren.
In diesem ganzen Trubel ruht der deutsche Wald in Sanftmut - noch viele hundert Jahre lang. Ihn einfach abzuholzen für das schnelle Geld - ein besseres Bild für den Wahnsinn eines grenzenlos entfesselten Kapitalismus lässt sich kaum finden.
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