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PrivatisierungBahnschienen bleiben 15 Jahre privat

Die Bundesministerien einigen sich bei der umstrittenen Bahnprivatisierung. Kritiker sehen Verbesserungen der Pläne, halten aber die ganze Richtung für falsch.

In 15 Jahren wieder Staatseigentum: Ein Stück Schienennetz der Deutschen Bahn. Bild: dpa

Eine grobe Absurdität bei der geplanten Bahnprivatisierung wird es jetzt offenbar doch nicht geben: Der Staat muss sein Eigentum nicht für teures Geld von der Deutschen Bahn zurückkaufen, wenn sie es heruntergewirtschaftet hat. Vielmehr soll das Schienennetz nach 15 Jahren im Besitz der DB automatisch an den Bund zurückfallen - es sei denn, der Bundestag beschließt dann etwas anderes. Die Bahn soll lediglich einen Ausgleich bekommen für die Investitionen, die sie aus eigener Kasse finanziert hat. Drei Jahre soll die Bahn in diesem Fall Zeit haben, das Eigentum des Bundes aus ihren Bilanzen und der Organisationsstruktur herauszulösen. Das sieht eine Einigung der Staatssekretäre aus Bundeswirtschafts- und Bundesverkehrsministerium vor. Schon in der kommenden Woche könne damit der mit allen beteiligten Ministerien abgestimmte Referentenentwurf vorliegen, frohlockte jetzt das Verkehrsministerium. Am 24. Juli wird sich nach dem gegenwärtigem Zeitplan das Kabinett damit befassen. Noch im Dezember soll das Gesetz durch den Bundestag abgesegnet sein, so der neuste Plan.

Jedes Jahr will der Bund der Deutschen Bahn künftig 2,5 Milliarden Euro pauschal für den Ausbau und Erhalt der Infrastruktur überweisen. Wie die Bahn die Mittel einsetzt, soll sie nach betriebswirtschaftlichen Kriterien entscheiden; nur eine gute Schienennetzqualität muss dabei herauskommen, so die Anforderung. Bisher bekommt die Deutsche Bahn das Geld für konkrete Projekte. "Das ist ein Paradigmenwechsel - und wir können nur so lange nachsteuern, wie der Staat allein auf beiden Seiten des Tisches sitzt", sagt der CSU-Abgeordnete Hans-Peter Friedrich.

Auf Druck der Unionsfraktion hin soll der Bund der Bahn das Geld nun im ersten Jahr - also bevor private Investoren an Bord sind - nicht völlig unkontrolliert überlassen, sondern noch intensiv überprüfen, ob und wie die Mittel zur Qualitätssicherung eingesetzt wurden. Dabei sollen die Behörden Erfahrungen sammeln, wie sie den Zustand der Gleise später angemessen beurteilen können, und dies im Vertrag mit der DB festschreiben. "Wir wollen, dass es externe Prüfer gibt und die Bahn ihre Daten offenlegen muss. Die Bahn hat da andere Vorstellungen", so Friedrich.

Auch an andere Stelle sieht Friedrich weiteren Verhandlungsbedarf: Die Zeit bis zur Rückübertragung des Netzes an den Bund sei mit 15 Jahren zu lang angesetzt, meint der CSU-Abgeordnete und fordert 10 Jahre. Im SPD-geführten Finanzministerium sind 25 Jahre im Gespräch gewesen.

Die Staatssekretäre einigten sich außerdem darauf, dass die Bundesnetzagentur mehr Macht gegenüber der Deutschen Bahn bekommen soll. Sie soll kontrollieren, ob die Bahn ihre Monopolstellung gegenüber Konkurrenten ausnutzt. Eine Arbeitsgruppe bekommt den Auftrag, die Trassenpreise zu überprüfen und auf eine Senkung der Durchschnittspreise hinzuwirken.

Das Bündnis "Bahn für alle" sieht zwar einige Verbesserungen in den jetzt bekannt gewordenen Vorschlägen, findet die Richtung aber nach wie vor grundlegend falsch. "Der Bund gibt Geld aus, um seine eigenen Interessen zu verletzen", sagt der Bahnexperte der globalisierungskritischen Organisation Attac, Winfried Wolf.

Wo Bahnchef Hartmut Mehdorn und potenzielle Bahnkäufer das große Geschäft sehen - und wo sie also auch schwerpunktmäßig investieren werden -, wurde erst vor ein paar Tagen wieder deutlich: im internationalen Frachtgeschäft. Für über eine halbe Milliarde Euro erwarb die Deutsche Bahn ein britisches und die Mehrheit eines spanischen Transportunternehmens.

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