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Lesbische CDU-MinisterinGegen die Schöpfung?

Hessens Kultusministerin Karin Wolff outet sich mittels "Bild"-Zeitung als homosexuell: Bekommt sie jetzt Probleme mit Konfession und Job?

Frau Wolff im Visier Bild: dpa

Was für Tratsch, den die Bild-Zeitung gestern zum Aufmacher auffönte: "CDU-Ministerin: Ich liebe eine Frau!" Gleich daneben ein Foto der hessischen Kulturministerin Karin Wolff, 48, die in einem froschgrünen Jackett freundlich lächelt. Die Leserschaft erfährt im herzensgut gemeinten Text, dass es eine "mutige Frau" sei, die beim Bild-Sommerfest "stolz ihre Lebensgefährtin" vorgezeigt habe, nämlich "Marina Fuhrmann, eine Heilpraktikerin", in die die Ministerin sich verguckte ("aus Sympathie wurde Liebe") angelegentlich einer Behandlung "starker Rückenschmerzen" wegen.

Das mag nun einer unbefangenen LeserInnenschaft banal scheinen, aber das ist es natürlich nicht. Notiert werden muss nun dies: Karin Wolff ist die erste Frau mit Unionsparteibuch, die sich kein scheinheterosexuelles Leben mehr leisten möchte; auch wahr ist, dass selbst die Sozialdemokratie in dieser Hinsicht nichts zu bieten hat. Und es wurde ja auch Zeit: Lesbische Frauen, die wie allenfalls Ledige (also: noch nicht heterosexuell gefreite) wirken, gibt es in der Union wie in allen Parteien ja hinreichend. Das Publikum konnte allerdings nicht damit rechnen, dass eine wie Karin Wolff sich unverblümt nicht mehr camoufliert. Immerhin, ob zutreffend oder nicht, musste ja schon die heutige Wissenschaftsministerin Annette Schavan in ihrer baden-württembergischen Zeit schwer am Makel der Unverheiratetheit leiden - vor allem im Kampf um die Nachfolge von Ministerpräsident Erwin Teufel. Ihre Gegner brachten auch gezielte antihomosexuell gestimmte Gerüchte in Umlauf.

Pikant wird der Ministerin Outing in einer bildungspolitischen Hinsicht auf alle Fälle. Wolff, die dem Vernehmen nach über gute Kontakte zur LSU (Lesben und Schwule in der Union) verfügt, steht unter PädagogInnen im Verdacht, eine Kreationistin zu sein. Im hessischen Biologieunterricht, regte die bekennende Christin an, solle künftig nicht nur von der Evolutionstheorie die Rede sein, sondern auch von christlicher Schöpfungslehre.

Ihre Anhänger gehen von einer übernatürlichen Intelligenz aus, die die Welt vor 6.000 Jahren quasi mit einem göttlichen Plopp in sieben Tage erschaffen habe. Jene, die so denken, tragen bei antihomosexuellen Demonstrationen (in Warschau, Riga, Bukarest, Moskau) gern Transparente mit der Aufschrift: "Gott hat Adam und Eva geschaffen, nicht Adam und Pawel". Im Hinblick auf das hoffentlich gute Liebesglück der Ministerin möchte man fragen, und zwar mit der Schöpfungslehre im Gemüt: Ist Gott doch offen für alle Liebesgeschichten, nicht nur jene, die Kinder hervorbringen? Also auch für Adam und Kevin - wie auch Karin und Marina?

Heute wird im Wiesbadener Landtag über die in den vergangenen Tagen heftig kritisierten neuen Lehrinhalte debattiert, wobei die Ministerin schon vor Tagen bekundete, keine Kreationistin zu sein. Sie habe nur auf Pluralität beharren wollen, demzufolge nämlich im Schulunterricht andere Interpretationen der Gewordenheit der Welt erörtert werden müssten. Weshalb sie dies aber ausgerechnet in einem ausschließlich wissenschaftlichen Fach wie der Biologie, nicht im Religionsunterricht verhandelt wissen möchte, weiß vorläufig nur sie allein.

Karin Wolff, die neulich öffentlich zu Protokoll gab, die Bibel leite sie auf gute Weise durchs Leben wie ein Ordnungssystem, wird beantworten müssen, warum sie Religiöses offenkundig favorisiert. Denn eigentlich müsste die Frage lauten: Wo bleibt die Kritik an religiösen Glaubenssystemen wie dem christlichen? Müsste dies auch im Biologieunterricht geleistet werden, wäre es keiner mehr - sondern ein Fach für Beliebiges.

Gewiefte, geübt, in allem Verschwörung und Hinterstubenstrategie zu entdecken, mögen jetzt annehmen, dass das lesbische Selbstouting der Ministerin von ihrem Schul- und Schöpfungslehredesaster ablenken soll. Einen Boulevardreporter quasi mit Privatem versorgen, auf dass sie mit Kritik ihrer reaktionären Politik um Curricula nicht mehr im Licht der Kritik steht. Eine solche Sicht verkennt, wie schwer gerade krass konservative Geister in der Union daran zu tragen haben, Homosexuelle überhaupt zu respektieren - und eine Freundin aus der eigenen Parteistube erst recht.

Karin Wolff hat jetzt zwei Meuten an den Beinen: jene, die ihre Christianisierung der Schule ablehnen - und solche, denen der sogenannte Schöpfungsplan nichts ist, mit dem man Scherze treibt, schon gar keine lesbischen. Sie wird wissen, wen sie ernster zu nehmen hat.

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6 Kommentare

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  • AZ
    Arnold Zeissler

    Ein mutiger Schritt von Frau Wolff. Ich hoffe, dass noch mutigere folgen.

  • AH
    Andreas Hofmann

    Wolffs Sexualität hat mich noch nie interessiert, sondern nur ihre Politik. Und "wie das zusammenpasst" ist auch egal, da esja auch schwule katholische Priester gibt oder heterosexuelle, pädophile und autosexuelle. Nein, man sollte mit Tucholsky "über der Tischplatte" bleiben. Und was Wolff da zu bieten hat, nämlich Die Biologie im Schulunterricht religiös hinterfragen zu wollen, ist haarsträubend. Man lese nur den "scharlachroten Buchstaben" um zu sehen, wie intolerant solche welterklärend-religiösen Denkweisen sind. Darum muss man sich Gedanken machen, das muss man bekämpfen.

     

    Ob Karin Wolff privat eine Frau unglücklich macht oder einen Mann, muss für eine Zeitung mit dem Anspruch der TAZ, wie für ihre Leser schlicht egal sein.

  • BM
    B. Meier

    @J. Lambing: worauf wollen Sie hinaus? Wollen Sie allen Ernstes behaupten, man könne "die Evolutionstheorie" als Ganzes, inklusive aller vielen Millionen Einzelbeweise, "hinterfragen"? Ernsthaft: Sie würden doch gerne über den Anstrich einer kritischen Betrachtung biologistischer Ansätze quasi durch die Hintertür kreationistische Ansätze salonfähig machen. Es geht dabei gar nicht darum, ob irgendeine Art von höherer Intelligenz hinter dem allen steht, das sollte auch nach wie vor eine Glaubensfrage bleiben, aber wie Herr Feddersen ganz richtig anmerkte, die "Erschaffung der Welt vor 6000 Jahren mit einem Plopp" ist einfach kindischer Unsinn. Nichts gegen einen gesunden Skeptizismus, gerade wenn die Biologie biologistisch argumentiert, aber in dieser Frage sind sich doch Natur- Sozial- und Geisteswissenschaften ziemlich einig.

  • JL
    J. Lambing

    Könnte nicht für die Autoren einer Zeitung, die sich zivilgesellschaftlicher Liberalität und Pluralität verschrieben hat, dieser Vorfall ein Anlaß sein, die eigene stereotype Berichterstattung über Kreationismus, Intelligent Design und Kritik an der Evolutionstheorie zu überdenken?

     

    Es ist schon verständlich, daß auch Jan Feddersen ersteinmal das Phänomen auf die üblichen Klischees von den fanatischen intoleranten Spinnern reduziert. Das machen ja schließlich alle in den Mainstreammedien und es ist auch bequem, wenn man wenig Zeit zur Recherche und zur Meinungsfindung hat, die Formeln und Missionsinhalte szientistischer Lobbygruppen fromm wie ein Rosenkranz nachzubeten.

     

    Das jetzt genau diese Christin nicht in das fundamentalistische Klischee passt, verwirrt den Autor dieses Artikels. Man spürt förmlich, wie es ihm doch so naheliegend und eindeutig scheint, daß jemand mit solchen Meinungen wie die Ministerin eigentlich doch eine "Kreationistin" sein muß, ganz gleich was sie sagt. Und doch geht das nicht so einfach.

     

    Würde es den Jan Feddersen nicht noch mehr verwirren, wenn er erführe, dass es gar nicht so wenig Menschen sind, die aus Gründen der Pluralität und trotz alles Skepsis gegenüber christlichen oder islamistischen Fundamentalisten die Idee gar nicht so verrückt finden, dass in unseren Bildungsinstitutionen das Monopol der Evolutionstheorie kritisch hinterfragt wird? Die biologischen Monokulturen nicht nur auf den Wiesen und Feldern, sondern auch in den Bildungsinstitutionen skeptisch gegenüberstehen?

     

    "Es wird wohl einer weiteren Forschergeneration vorbehalten sein, die von Intelligent Design aufgeworfenen Fragen an den Darwinismus jenseits weltanschaulicher Bindungen anzugehen." schrieb jemand mal vor einiger Zeit. Aber der ist Anthroposoph und sind das nicht im Grunde auch so ähnliche Spinner wie überzeugte Christen? Alles Homophobe, Anhänger finsteren Aberglaubens, Obskurantisten, die noch nicht vom Licht der unzweifelhaften Wahrheiten der Naturwissenschaft aufgeklärt sind. Oder?

  • JL
    J. Lambing

    Könnte nicht für die Autoren einer Zeitung, die sich zivilgesellschaftlicher Liberalität und Pluralität verschrieben hat, dieser Vorfall ein Anlaß sein, die eigene stereotype Berichterstattung über Kreationismus, Intelligent Design und Kritik an der Evolutionstheorie zu überdenken?

     

    Es ist schon verständlich, daß auch Jan Feddersen ersteinmal das Phänomen auf die üblichen Klischees von den fanatischen intoleranten Spinnern reduziert. Das machen ja schließlich alle in den Mainstreammedien und es ist auch bequem, wenn man wenig Zeit zur Recherche und zur Meinungsfindung hat, die Formeln und Missionsinhalte szientistischer Lobbygruppen fromm wie ein Rosenkranz nachzubeten.

     

    Das jetzt genau diese Christin nicht in das fundamentalistische Klischee passt, verwirrt den Autor dieses Artikels. Man spürt förmlich, wie es ihm doch so naheliegend und eindeutig scheint, daß jemand mit solchen Meinungen wie die Ministerin eigentlich doch eine "Kreationistin" sein muß, ganz gleich was sie sagt. Und doch geht das nicht so einfach.

     

    Würde es den Jan Feddersen nicht noch mehr verwirren, wenn er erführe, dass es gar nicht so wenig Menschen sind, die aus Gründen der Pluralität und trotz alles Skepsis gegenüber christlichen oder islamistischen Fundamentalisten die Idee gar nicht so verrückt finden, dass in unseren Bildungsinstitutionen das Monopol der Evolutionstheorie kritisch hinterfragt wird? Die biologischen Monokulturen nicht nur auf den Wiesen und Feldern, sondern auch in den Bildungsinstitutionen skeptisch gegenüberstehen?

     

    "Es wird wohl einer weiteren Forschergeneration vorbehalten sein, die von Intelligent Design aufgeworfenen Fragen an den Darwinismus jenseits weltanschaulicher Bindungen anzugehen." schrieb jemand mal vor einiger Zeit. Aber der ist Anthroposoph und sind das nicht im Grunde auch so ähnliche Spinner wie überzeugte Christen? Alles Homophobe, Anhänger finsteren Aberglaubens, Obskurantisten, die noch nicht vom Licht der unzweifelhaften Wahrheiten der Naturwissenschaft aufgeklärt sind. Oder?

  • MD
    Michael Dollinger

    ZIT: "auch wahr ist, dass selbst die Sozialdemokratie in dieser Hinsicht nichts zu bieten hat."

    Da sollte doch nochmal recherchiert werden... http://www.lissy-groener.de/