Kolumbien: Demo für Entführte
Millionen Menschen demonstrieren gegen Entführungen. Im Juni waren elf von der linken Guerilla entführte Geiseln getötet worden.
Alle sind gegen Entführungen, über das Wie jedoch herrscht Uneinigkeit: Am Donnerstag demonstrierten Millionen KolumbianerInnen für die Freilassung aller Entführten im Land. Dabei kam es zu Kontroversen: Während Präsident Uribe ankündigt, die harte Politik gegen die Guerilla fortzusetzen, fordern KritikerInnen die Aufnahme von Verhandlungen über einen Gefangenenaustausch.
Aufgerufen zu den Kundgebungen hatten die katholische Kirche und Angehörige von zwölf entführten Provinzabgeordneten, von denen elf am 18. Juni getötet worden waren. Die linke Guerilla Revolutionäre Streitkräfte Kolumbiens (Farc) berichtete, die seit fünf Jahren entführten Abgeordneten seien "im Kreuzfeuer" umgekommen, als das Versteck der Guerilla angegriffen worden sei. Die Armee bestritt, dass es einen Befreiungsversuch gegeben habe. Die Regierung Uribe wirft der Farc vor, die Geiseln ermordet zu haben. Währenddessen kamen in verschiedenen lateinamerikanischen Medien Vermutungen auf, es habe sich bei den Angreifern um "Kopfgeldjäger" gehandelt, die versucht hätten, durch Festnahmen von Farc-Mitgliedern die hohen Prämien zu kassieren, die die Regierung auf deren Ergreifung ausgesetzt hat. Frankreich, Spanien und die UN-Kommission für Menschenrechte fordern eine Untersuchungskommission zur Aufklärung des Tods der Geiseln, Uribe lehnt dies ab.
Die Angehörigen der Opfer warfen dem Präsidenten indes vor, am Tod der Opfer mitschuldig zu sein. Carolina Charry, Tochter eines der getöteten Abgeordneten, sagte in einer Rede, ihr Vater "sei ermordet worden von den Farc in Komplizenschaft mit der Regierung". Sie warf Uribe vor, trotz zahlreicher Toter weiterhin auf militärische Befreiung statt auf Verhandlungen zu setzen. Die Rede beendete sie mit der Forderungen nach Verhandlungen über einen Gefangenenaustausch.
Die Spaltung zwischen AnhängerInnen von Uribe und UnterstützerInnen von Verhandlungen wurden auch während der Demonstration sichtbar, wo beide Blöcke getrennt marschierten. Eine Demonstrantin, die auf einem Plakat Verhandlungen forderte, berichtete, sie sei als "Terroristin" beschimpft worden. Die OrganisatorInnen der Demonstration warfen der Regierung vor, die Kundgebung für ihre Zwecke zu missbrauchen. Die Regierung hatte im Vorfeld versucht, die Kundgebung als Zeichen des Rückhalts für ihre Politik umzudeuten. Die BürgerInnen "sollten die Demonstration nutzen, um der Regierung ihre feste Unterstützung im Kampf gegen den Terrorismus zu zeigen", sagte Uribe am Donnerstagmorgen.
In Kolumbien führen linke Guerilla-Organisationen seit über 40 Jahren einen Krieg gegen den Staat. Die Situation hat sich weiter verschärft, seit der konservative Uribe 2002 zum Präsidenten gewählt wurde. In den letzten Monaten war Uribe zunehmend in Bedrängnis geraten, nachdem enge Verstrickungen zwischen seiner konservativen Regierung und rechtsextremen Paramilitärs aufgedeckt wurden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!