Luftfahrt: Normalisierung bei EADS

EADS verabschiedet sich vom vermeintlichen Erfolgsrezept Doppelkopfstruktur. An den Sparplänen ändert das nichts.

Ein T-Shirt ist zu klein für zwei Chefs Bild: dpa

PARIS taz Ein neues Organigramm, mit denselben alten Managern an den entscheidenden Posten - so lautet das Resultat des gestrigen deutsch-französischen Treffens in Toulouse, bei dem es um den europäischen Luftfahrtkonzern EADS ging.

Der Deal war schon in den Tagen zuvor zwischen Vertretern der beiden großen Konzerne ausgehandelt worden, die bei EADS das Sagen haben: DaimlerChrysler und Lagardère. Thomas Enders, ein deutscher Manager, der jetzt den Stuhl wechselt, gab die Entscheidung noch vor Ankunft von Kanzlerin Angela Merkel und Präsident Nicolas Sarkozy bekannt. Und den beiden Spitzenpolitikern aus Berlin und Paris blieb nur die Bestätigung - sowie die Einschätzung als "gerechte und ausbalancierte Lösung" (Merkel) und "Normalisierung im Unternehmen" (Sarkozy). Vertreter der Beschäftigten bewerteten gestern das Ergebnis des deutsch-französischen Treffens mit mehr Nuancen als PolitikerInnen und Management: "Nach 35 Jahren Airbus und 7 Jahren EADS vergrößern die Deutschen peu à peu ihren Einfluss", erklärte Betriebsratschef Jean-François Knepper von der Gewerkschaft FO gestern in dem Radiosender "France inter". "Sie sind dabei, sich die europäische Industrie für Luftfahrt, Raumfahrt und Verteidigung anzueignen."

Tatsächlich werden künftig drei der fünf Bereiche im EADS-Konzern von Deutschen geleitet. Enders leitet "Airbus", woher zwei Drittel des Umsatzes im Konzern kommen, Lutz Bertling "Eurocopter" und Stefan Zoller den Bereich Verteidigung. Der Franzose François Auque führt den Bereich Raumfahrt und der Spanier Francisco Fernández Sáinz die Branche Militärtransporter.

EADS-Gewerkschafter in Toulouse erklärten gestern, dass eine neue industriepolitische Orientierung nötig sei. "Wir brauchen keinen Walzer von Managern", sagte Gilbert Plo von der Gewerkschaft CFTC. Der Sprecher der CGT, Xavier Pétrachi, erklärte, dass es vor allem darum gehe, den radikalen "Power 8" zu verhindern: "Wenn dieser Plan umgesetzt wird, sinkt das Unternehmen."

Enders, der künftige Alleinchef von Airbus, hat in Toulouse erklärt, dass er an "Power 8" festhalten wird. Der Plan sieht die Streichung von 10.000 Arbeitsplätzen in dem Konzern vor sowie die Schließung und den Verkauf von Produktionsstandorten. "Power 8" ist die Antwort des Managements auf die selbst gemachte Krise der Lieferverzögerungen unter anderem beim Airbus A 380.

Nach der Privatisierung des Konzerns Ende der 90er-Jahre waren die Planungs- und Produktionszyklen der neuen Maschinen zugunsten höherer Rendite stark verkürzt worden. Letztes Jahr stellte sich heraus, dass sie nicht einzuhalten waren. Das paradoxe Ergebnis: Der Konzern, der volle Auftragsbücher und einen hohen Umsatz wie nie zuvor hat, entwickelte seinen großen Sparplan.

Die Doppelkopfstruktur bei EADS, die jetzt abgeschafft wird und für die Krise im Konzern verantwortlich gemacht wird, ist jahrelang als Erfolg der europäischen Industriezusammenarbeit gefeiert worden. Auch die Schaffung von Arbeitsplätzen, Produktionsstätten und neuen Infrastrukturen in den beteiligten europäischen EADS-Ländern trug zu der Attraktivität des Konzerns bei. Die neue Konzernlinie wird das ändern. Statt in der EU und auf hohem Lohn- und Sozialniveau plant EADS seine neuen Produktionsstätten in der "Dollarzone" - in Billiglohnländern. Das Vorbild ist der große US-amerikanische Konkurrenzkonzern Boeing: Schon jetzt entwickelt und produziert dieser seine Maschinen zu 50 Prozent außerhalb der USA.

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