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Schwarz-RotSchutz des Koalitionsklimas

Bei der Kabinettsklausur im August will Kanzlerin Merkel Tatendrang beweisen - und Konflikten aus dem Weg gehen.

Glückliche Koalitionspartner sehen anders aus. Bild: dpa

BERLIN taz Die machen nichts mehr. Union und SPD bereiten sich nur noch auf den Wahlkampf vor. In der realen Politik wird bis 2009 totaler Stillstand herrschen. Diese weit verbreiteten Vorurteile will die große Koalition jetzt mit umfangreichen Arbeitsplänen widerlegen. Regierungssprecher Thomas Steg präsentierte am Donnerstag bereits voller Tatendrang das Programm der Kabinettsklausur, die Ende August auf Schloss Meseberg in Brandenburg stattfindet.

Als ersten Tagesordnungspunkt nannte Steg das Klima. Diese Prioritätensetzung lädt zu Wortspielen ein. Es ist abzusehen, dass viele Medien die Beratungen zur Verringerung des CO2-Ausstoßes weniger intensiv beleuchten werden als die zwischenmenschliche Atmosphäre beim ersten Treffen der Koalitionäre nach der Sommerpause.

Streiten sie weiter, oder raufen sie sich zur Halbzeit der Legislaturperiode doch noch mal zusammen? Darauf dürfte sich das Interesse konzentrieren. Vor allem für Kanzlerin Angela Merkel kommt es deshalb darauf an, möglichst viel Harmonie zu demonstrieren. Aus ihrer Sicht hat es sich bewährt, bei Gipfeltreffen im In- und Ausland betont ausgleichend aufzutreten, kompromissbereit zu sein und allen Beteiligten irgendetwas anzubieten, so dass niemand klagen kann. Gelingt Merkel diese Schlichterrolle auch in dem schmucken Meseberger Barockgebäude, das Theoder Fontane einst als "Zauberschloss" bezeichnete, könnte sie sich wahrscheinlich weiter über glänzende Beliebtheitszahlen freuen. Bisher jedenfalls honorieren die Deutschen Merkels ruhigen Stil.

Da trifft es sich gut, dass die Kanzlerin bei der Kabinettsklausur da weitermachen kann, wo sie bei ihrem viel gelobten Auftritt beim G-8-Gipfel in Heiligendamm aufhörte: Die Umweltpolitik ist nach wie vor ein Winner-Thema, bei dem sich das Konfliktpotenzial in Grenzen hält. Die aktuellen AKW-Störfälle haben selbst die eifrigsten Atombefürworter der Union vorläufig gebremst. Damit die von miserablen Umfragewerten gebeutelten Sozialdemokraten ein paar Punkte machen können, wird Merkel dem SPD-Minister Sigmar Gabriel anbieten, dass er in Meseberg ein neues, "umfassendes Klimaschutz- und Energieprogramm" vorstellen darf.

Schwieriger wird die Konsensfindung beim zweiten Schwerpunkt Ausbildung. Während Teile der Union den Fachkräftemangel mit niedrigeren Hürden bei der Zuwanderung beheben wollen, sperrt sich hier Arbeitsminister Franz Müntefering (SPD).

Die deutsche Wirtschaft vor Übernahmen durch ausländische Staatsfonds aus China und Russland zu schützen, ist dagegen weitgehend Konsens. Konkrete Beschlüsse dazu müsse es noch nicht geben, sagte Steg.

Das emotional schwierigste Thema, die Zukunft der Afghanistan-Einsätze, will Merkel erst im September angehen. Bei der Tagesordnung für Meseberg wurde der Krieg vorsichtshalber ausgeklammert. Er könnte ja das Klima trüben.

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