die wahrheit: Joggen fahren

Angefangen hat alles in Schwaben. Mein Fahren und mein Joggen. Ergo auch mein joggen Fahren. Logisch...

Wenn ich jemandem sage, ich fahr joggen, hält er oder sie mich meist für krank. Dabei sind sowohl das Fahren als auch das Joggen sehr gesundheitsfördernd. Zumindest für mich, der ich in Schwaben mit beidem begann.

Ich habe nie gezählt, wie oft ich morgens die Burg Hohenzollern umkreiste. Ich weiß nur, dass ich seither zehn Paar Joggingschuhe gekauft und weggeschmissen habe. Nein, nicht auf einmal. Immer schön eins nach dem anderen.

Ganz zu Anfang bin ich beim Sportarzt gewesen, der hat mir geraten, mit dem Laufen weiterzumachen, auch wenns erst mal weh tat. Gelenkschmerzen? Pah - die Gelenke leben von der Bewegung. Knacken in den Knien? Was solls - normale Abnutzung mit 30 nach 40 stressigen Jobs. Also lass knacken, Kumpel! Seither bin ich immer schön joggen gefahren. Denn das Joggen aus der Haustür hinaus auf die Straße hat mir noch nie gefallen. Da muss ich so endlos weit laufen, bis ich im Wald bin. Freilich, das mag eine Marotte von mir sein: Joggen kann ich nur im Wald.

Statt beim Joggen jene Mitwesen ertragen zu müssen, die mit Zigarette im Mund und Hund neben sich im grün-violetten Trainingsanzug bereits in aller Herrgottsfrühe das Trottoir entlang schnüren, fahr ich lieber in den Wald. Da sind sie auch, aber sie fallen nicht so auf. Und wie schön ist es im Wald - egal ob es in Strömen schüttet oder die Hitze drückt. Die Bäume bauschen sich aufrauschend im Wind, die Vögel krähen. Die Sonne blinkt durch die Blätter. Es duftet nach frischem Grün. Und erst die Schmetterlinge. Wie die da durchgaukeln!

Früh um sieben also bin ich zum Joggen losgefahren. Zehn Minuten ist das her. Jetzt steh ich im Wald. Ich ziehe die Motorradklamotten aus und verstaue sie im Seitenkoffer. Schon kanns losgehen mit dem Joggen.

Ja, Sie haben richtig gelesen. Ich fahre mit dem Motorrad zum Joggen. Muss ich das erklären? Die Ökobilanz sieht beim Motorradfahren viel besser aus als beim Autofahren. Weniger Sprit, weniger Abgas, kaum Tierunfälle. Als Motorradfahrer ist man Teil der Natur und lernt auszuweichen. Als Autofahrer steckt man in der Raumkapsel und fährt drüber. Selbst aufgeklärten Zeitgenossinnen und -genossen konnte ich das bislang nicht begreiflich machen, und ich glaube, deshalb werden mich einige zeitlebens scheel ansehen. Schnatter, schnatter: Ökobilanz!

Zugegeben: Ich hab zwei Motorräder, und eins davon benutze ich nur, um zum Joggen zu fahren. Das zu erklären kann ich endlos reden, ohne Verständnis zu finden. Nicht besser mit dem Fahrrad? Da bräuchte ich ja ne Stunde hin und her. Nach einer halben Stunde Fahrradfahren zum Wald eine Stunde darin joggen und dann eine halbe Stunde Fahrradtour zurück? Dann müsste ich vielleicht wieder zum Arzt: wegen lebensbedrohlicher Erschöpfung. In der U-Bahn verschwitzt vom Joggen zurück? In Joggingklamotten im Bus?

Joggen kann ich eben nur im Wald. So bin ich nun mal. Wie bitte? Ein Motorrad würde doch genügen? Also, ich muss schon sehr bitten Kümmern Sie sich doch gefälligst um Ihre eigenen Angelegenheiten!

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kari

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