Kasachstan: Sind da Wahlen diesmal fair?

Diesen Samstag wählen die Kasachen - und die OSZE prüft genau, ob sie diesmal endlich fair sind. Wird wieder getrickst, darf Kasachstan nicht wie erhofft den OSZE-Vorsitz übernehmen.

Seit Astana vor zehn Jahren zur Hauptstadt erklärt wurde, baut die Regierung die Stadt in der Steppe massiv aus: Hier der Baiterek-Turm, abfällig "große Lutscher" genannt. Bild: dpa

ALMATY taz Kurz vor den Parlamentswahlen am Samstag droht in Kasachstan erneut ein handfester Skandal. Der kasachische Geheimdienst soll bei den kasachischen Präsidentschaftswahlen 2005 gezielt gegen die Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) eingesetzt worden sein, berichtete die New York Times am Freitag. Kasachstan, das seit der Unabhängigkeit 1991 noch nie faire Wahlen abgehalten hat, will 2009 den OSZE-Vorsitz übernehmen. Das Diktum der OSZE-Wahlbeobachter zu dem bevorstehenden Urnengang wird den Ausschlag geben, ob Kasachstan eine Organisation führen kann, die Demokratie und Menschenrechte in den Mitgliederstaaten fördern soll.

Der Vorwurf in der New York Times ist vor diesem Hintergrund verheerend. Bisher bemüht man sich, den Wahlkampf, demokratisch aussehen zu lassen. Es gibt eine breitgefächerte Presselandschaft, auch verfügt die Opposition über Geld und Logistik, um Wahlkampf zu machen.

Bei seinen Auftritten fuchtelt Bulat Abilow, der Kampagnenchef der oppositionellen Allgemeinen Sozialdemokratischen Partei Kasachstans (OSDP), heftig mit dem Armen. In Stakkatosätzen wettert der 49-jährige, elegant gekleidete Politiker gegen Korruption, Raub und Diebstahl der Reichtümer Kasachstans und die Allmacht des Staatspräsidenten Nursultan Nasarbajew. Abilow fordert kostenlose Bildung, eine Erhöhung der Renten und den Kampf für ein gerechtes Kasachstan. Als der Radler Alexander Winokurow von dem kasachischen Astana-Team wegen Dopings aus der Tour de France geschmissen wurde, sagte Abilow. "Alles, was die kasachische Regierung anfasst, endet schließlich in Korruption, Täuschung und Doping."

Ungerührt plakatierte die Präsidentenpartei Nur Otan das Antlitz des Sportlers. Im Wahlkampf wirbt sie mit dem schlichten Slogan: "Gemeinsam mit dem Präsidenten". Die Präsidentenpartei hatte im alten Parlament bis auf einen Sitz alle Abgeordneten gestellt. Das Selbstbewusstsein von Nur Otan stützt sich auch auf die wirtschaftliche Entwicklung des Landes. Dank der sprudelnden Ölquellen und der explodierenden Rohstoffpreise boomt die Wirtschaft in dem Steppenland mit knapp 15 Millionen Einwohnern. Das Bruttosozialprodukt stieg auf 7.000 US$ pro Kopf.

Der Aufschwung hat aber auch Schattenseiten. Die Affäre um den ehemaligen Präsidentenschwiegersohn Rachat Alijew, der seit Mai von den kasachischen Behörden mit einem Haftbefehl wegen Menschenraubs zur Fahndung ausgeschrieben ist und seither in Wien Unterschlupf gefunden hat, offenbart ein System von Günstlings- und Vetternwirtschaft. Die explodierenden Immobilienpreise machen es jungen Familien fast unmöglich, eine Wohnung zu erstehen oder zu mieten. Kostete eine Zweizimmerwohnung in Almaty im Jahr 2000 gerade mal 30.000 US-Dollar, so wird jetzt dafür knapp eine halbe Millionen verlangt.

Die OSDP, die Chancen hat, ins Parlament einzuziehen, versucht mit diesen Verfehlungen zu punkten. Sie wurde 2006 von dem ehemaligen Staatsanwalt Scharmachan Tujakbai gegründet, der bereits als Oppositionskandidat bei den Präsidentschaftswahlen im Dezember 2005 gegen Nasarbajew antrat und knapp 7 Prozent der Stimmen bekam. Doch die OSDP hat seit neuestem Konkurrenz im Oppositionslager und kämpft jetzt mit der Partei "Ak Shol" um den zweiten Platz im kasachischen Parteiensystem. Deren Vorsitzender Alichan Baimenow versteht sich als eine konstruktive Oppositionskraft und wirft der OSPD schrille Schwarzweißrhetorik vor.

Derweil wird heftig getrickst. Eine Fernsehdiskussion mit dem Medienminister wurde im Nachhinein tendenziös zusammengeschnitten, die Werbeblöcke der OSPD werden teilweise nicht gesendet und der Partei Plakatwände verweigert.

Für den kasachischen Politologen Dosim Satpajew ist die Wahlprozedur eine Schattenfechterei. "In Kasachstan wird Demokratie lediglich imitiert", sagt er. Verglichen mit dem despotischen Regime im benachbarten Usbekistan seien die politischen Freiheiten in Kasachstan zwar positiv zu bewerten, "aber die Machtfrage ist in dem Land mit oder ohne Wahlen beantwortet."

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