Regierungs-Datenklau: Wen will nachhacken
Chinas Ministerpräsident verspricht, gegen den Datenklau in deutschen Ministerien vorzugehen. Verfassungsschützer warnen vor Chinas Geheimdienst in der Botschaft.
PEKING taz Ruprecht Polenz Vorhersage ist nicht eingetroffen. Die Chinesen würden die Hacker-Angriffe auf deutsche Regierungscomputer abstreiten, hatte der CDU-Politiker vor der Abreise von Angela Merkel nach Peking prognostiziert. Doch da irrte sich der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag. Darauf angesprochen, sagte Chinas Ministerpräsident Wen Jianbao gestern, die chinesische Führung habe den Bericht im Spiegel "große Aufmerksamkeit gewidmet". Es folgte das Versprechen, "entschlossene und energische Maßnahmen zu ergreifen, um Hacker-Angriffe künftig auszuschließen" und dafür "eng" mit Deutschland zusammenzuarbeiten.
Der Spiegel hatte berichtet, dass Computer des Kanzleramts sowie des Wirtschafts-, des Forschungs- und des Außenministeriums Ziel von Hacker-Angriffen aus China gewesen seien. Zahlreiche PCs seien mit Trojanern infiziert, kleine Spionage-Programme, die das unbemerkte Ausspähen ermöglichten. Die Experten der Bundesregierung hätten den Abfluss von rund 160 Gigabyte an Daten verhindert. Es werde unverändert versucht, weitere solcher Programme über das Internet in deutsche Regierungscomputer einzuschleusen.
Seit Auftauchen des Berichts sind deutsche Regierungsstellen bemüht, den Vorwürfen die Spitze zu nehmen. Hackerangriffe seien ein ständiges Problem, hieß es etwa im Innenministerium, es habe aber bisher keine Schäden gegeben. Über die Herkunft der Attacken wollte ein Sprecher keine Angaben machen. Und auch der Regierungssprecher sagte, die Bundesregierung habe durch Vorsorgemaßnahmen sichergestellt, dass "kein Datenklau erfolgt ist".
In der Entourage der Kanzlerin stieß man mit der Frage nach den Hacker-Angriffen auf leichte Belustigung. Auch aus Staaten, die Deutschland noch näher stünden als China, gebe es Angriffe auf deutsche Regierungscomputer, hieß es.
Der Verfassungsschutzbericht 2006 verweist neben China auch auf Russland, Nordkorea und einige Nah-Ost-Staaten. China setzt jedoch nach Einschätzung der Verfassungsschützer auch weiterhin Geheimdienstagenten als Diplomaten oder Journalisten ein. Demnach sitzen chinesische Spitzel auch in der Botschaft der Volksrepublik in Berlin - getarnt als Diplomaten.
Leser*innenkommentare
Dr. Holger Frommert
Gast
Gezielt einen Trojaner auf einen Computer zu platzieren ist nicht einfach und wiederum recht einfach nachweisbar ... siehe derzeitige Diskussion um "unseren Bundestrojaner"- so schlecht können Trojaner also nicht sein, wenn auch Herr Schäuble diese einsetzen will ... ? doch zurück zum Thema ...
Im Mai haben die Schlapphüte vom Verfassungsschutz die chinesischen Trojaner gefunden, und ausgerechnet am Tag der Reise von der Merkel nach China kommt dies anonym über den "Spiegel" heraus ... ein Schelm, wer darin keine Eulenspiegelei erkennt. Der "Spiegel" ist wieder einmal das Sprachrohr der Rechten geworden.
In jedem Land werden Viren und Trojaner programmiert, da China nun mal über 30% der Weltbevölkerung hat, sollten wir uns daran gewöhnen mit derartigen Programmen aus China "versorgt zu werden". Doch der Schluss, dass dahinter gleich die Regierung eines Landes steht, ist m.E. nicht zulässig. Noch dazu in unmittelbarer Nähe einer Reise der Kanzlerin in dieses Land. Der "Spiegel" erinnert auch nicht vor jeder Merkelreise in die USA an das in Bad Aibling stationierte ECHELON-System ...
Hässlich finde ich jedoch, dass die TAZ eine derartige Desinformation mitmacht, oder zumindest nicht kritisch genug darüber berichtet ...
Saludos,
Holger Frommert